BRASILIEN: Bolsonaro darf zwei Richter für das Supreme Court ernennen
Es war das Oberste Gericht Brasiliens, wie auch in den USA, welches die gleichgeschlechtliche Ehe im Land einführte, das war 2013. In der Zwischenzeit folgten noch einige weitere Urteile zugunsten der LGBTI+ Community, auch während der Amtszeit von Jair Bolsonaro, welcher sich selber stolz als homophob bezeichnet. So erklärten die Richter 2018 etwa, dass es keine geschlechtsangleichenden Operationen brauche damit Transmenschen ihr Geschlecht in den offiziellen Dokumenten ändern können, und ein Jahr später urteilten die Richter, dass Homo- und Transphobie Straftatbestände darstellen.
Damit stellten die Richter einen dringend nötigen Gegenpol zur ansonsten sehr LGBTI+ feindlichen Regierung des Landes dar. Nicht zuletzt deshalb hat die Community angefangen, statt den politischen Weg jener über die Gerichte zu beschreiten, da dort die Aussicht auf Erfolg viel grösser ist. Doch nun ziehen leider dunkle Wolken am Horizont auf: Noch vor den nächsten Wahlen im Jahr 2022 erreichen mit Celso de Mello und Marco Aurelio Mello, zwei der insgesamt elf Supreme Court-Richter das 75. Altersjahr. Anders als in den USA, wo die Richter des Supreme Court auf Lebenszeit eingesetzt werden, müssen die beiden Richter in Brasilien dann in Rente. Dies hat zur Folge, dass Jair Bolsonaro die beiden Nachfolger bestimmen kann. Damit könnte er das Oberste Gericht wieder auf seine persönliche, populistische und LGBTI+ feindliche Bahnen lenken. Sollte er zudem auch noch die nächsten Wahlen gewinnen, dann würden im darauffolgenden Jahr nochmals zwei Sitze frei werden, welche er dann bestimmen dürfte.
Die von Bolsonaro eingesetzten Richter können aber nicht nur das Gericht hin zu konservativeren Urteilen bewegen, sondern, sie haben auch die Möglichkeit um Anliegen lange hinauszuzögern. Sollten sie beispielsweise mit einer möglichen Entscheidung nicht einverstanden sein, könnten sie auch mehr Zeit verlangen, um das Anliegen nochmals zu beraten. Damit können auch einzelne Richter erreichen, dass Urteile vertagt werden müssen.
LGBTI+ Organisationen erklären zwar auch, dass Entscheidungen, welche das Gericht fällt, weniger legitimiert sind, als politische Entscheide, doch unter der aktuellen Regierung lässt sich dies kaum vermeiden. Durchläuft ein Anliegen den politischen Prozess, dann findet gleichzeitig auch eine Debatte darüber in der Öffentlichkeit statt, was dem Gesetz schliesslich mehr Gewicht verleiht, und dazu beträgt, dass es weniger schnell wieder abgeändert werden kann, da es zuvor auf breite Unterstützung stiess. Anders sieht es hingegen bei den Gerichtsurteilen aus: Dort sind es nur die elf Richter, welche das Urteil fällen, meist ohne dass dabei eine öffentliche Debatte stattfindet. Dadurch kann es einfacher passieren, dass Widerstand gegen ein Urteil aufkeimt und die Politik dagegen aktiv wird.