DEUTSCHLAND: LGBTI+ feindliche Taten nehmen in Berlin zu
Wie in vielen Teilen der Welt, so sind LGBTI+ feindliche Hassverbrechen auch in Berlin angestiegen. Die Hauptstadt verfügt mit dem Monitoring-Bericht Queerfeindliche Gewalt in Berlin als einziges Bundesland über ein entsprechendes Instrument um diese Fälle genauer zu analysieren und um entsprechende Rückschlüsse zu ziehen. Nun wurde die dritte Ausgabe des Berichts vorgestellt und es konnten somit auch Vergleiche zu früheren Jahren angestellt werden.
Mit insgesamt 588 gemeldeten Straftaten im Gebiet des Bundeslands Berlin, wurde 2023 ein neuer Höchststand an queerfeindlichen Verbrechen gezählt. Bei den Gewaltdelikten konnte dabei zwar ein leichter Rückgang von 148 im Jahr 2022 auf 127 im Jahr 2023 verzeichnet werden, doch die Zahlen sind laut den Autor:innen des Berichts nach wie vor auf deutlich erhöhtem Niveau.
Näher aufgeschlüsselt zeigte sich etwa, dass fast die Hälfte (44.6 Prozent) der queerfeindlichen Straftaten, welche 2023 erfasst wurden, im öffentlichen Raum stattfanden, sowie mehr als jedes zehnte Verbrechen (11.2%) im öffentlichen Nahverkehr, wie den U- und S-Bahnen oder Bussen. Doch auch nicht-öffentliche Orte wurden zu Tatorten, wie etwa Wohngebäude mit 20.7 Prozent, Freizeiteinrichtungen/ Geschäfte/ Gastronomie mit 9.9 Prozent und Bildungseinrichtungen mit 3.9 Prozent. Als Tatmittel Internet, sprich als Online-Delikte, wurden insgesamt 17.9 Prozent erfasst.
Sowohl bei den Opfern, wie auch bei den Tätern sind männliche Personen überproportional vertreten: So machten sie 71.3 Prozent der Geschädigten aus, und bei den Tatverdächtigen gar praktisch alle mutmasslichen Täter. Dabei verteilen sich die Tatverdächtigen über die ganze Altersspanne. So waren 12.7 Prozent unter 18 Jahre alt und 12.1 Prozent über 60. Mit 21.7 Prozent am stärksten vertreten ist die Altersgruppe der 30 bis 39-Jährigen.
Auffällig ist in Bezug auf die mutmasslichen Täter, dass mit 78 Prozent mehr als drei Viertel bereits zuvor polizeilich in Erscheinung getreten sind. Mit 47.1 Prozent betraf es dabei am häufigsten Allgemeinkriminalität, bei fast einem Drittel zudem den Bereich Staatsschutzkriminalität, wozu beispielsweise politisch motivierte Taten zählen.
Dass nur die wenigsten LGBTI+ feindlichen Taten bei der Polizei gemeldet werden, ist leider bekannt, doch trotzdem überrascht das Ausmass: So sind es nur 9.4 Prozent der Fälle, welche gemeldet werden, und sogar bei nur 6.4 Prozent haben die Opfer dabei erwähnt, dass ein queerfeindlicher Hintergrund bei der Tat bestand.
Geht es um den Bereich Bi+ Sexualität, welcher beim aktuellen Bericht als Schwerpunkt definiert wurde, so zeigte sich ein mehrheitlich positives Bild. So erklärte mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie sich in Berlin in Bezug auf LGBTI+ feindliche Übergriffe entweder sehr sicher oder sicher fühlen. Mit etwas mehr als einem Fünftel empfanden deutlich weniger die Stadt als nicht oder gar nicht sicher. Demgegenüber beschäftigen sich jedoch sehr viele mit der Möglichkeit, Opfer einer queerfeindlichen Tat zu werden. So erklärte mehr als die Hälfte, dass sie sich stark oder sehr stark mit diesem Thema auseinandersetzen.
Dass die Angst doch begründet und das Thema präsent ist, zeigt auch, dass rund die Hälfte aller bi+ sexuellen Personen in den vergangenen fünf Jahren Opfer eines Hassverbrechens wurden, fast 40 Prozent dabei alleine in den letzten zwölf Monaten. Dabei ging es in den meisten Fällen um verbale Beschimpfungen und/ oder Bedrohungen.
Der Monitoring-Bericht Queerfeindliche Gewalt in Berlin wird Rahmen der Umsetzung des Berliner LSBTIQ+ Aktionsplans 2023 zur Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt” alle zwei Jahre veröffentlicht.