EUROPA/ TSCHETSCHENIEN: Mitglieder des Europarat erhöhen Druck auf Tschetschenien wegen LGBTI+ Verfolgung
Ob das Treffen etwas bringen wird, bleibt dahingestellt, denn bislang scheint jeder Versuch, Russland und Tschetschenien zu einem Ende der LGBTI+ Verfolgung zu bewegen, vergebens gewesen zu sein. Weder wurden von russischer Seite ernsthafte Anstrengungen unternommen, die Fälle tatsächlich zu untersuchen, noch hat die tschetschenische Führung sich zu der Verfolgung bekannt, trotz erdrückender Beweise. Dass es diesmal anders sein wird, darf leider bezweifelt werden, denn das Interesse über diese Vorfälle zu sprechen ist äusserst gering.
Frank Schwabe, Mitglied von PACE, welcher bei der Delegation des Europarats mit dabei war, wollte sich auch mit dem tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrov treffen, doch dieser sagte das Treffen kurzfristig ab. Stattdessen kam aber ein Treffen mit dem russischen Parlamentsabgeordneten Vyacheslav Volodin zustande. Wie Schwabe erklärt, habe man ihm ganz klar zu verstehen gegeben, dass die russischen Behörden dafür Verantwortlich seien, dass es in Tschetschenien und dem Nordkaukasus zu keinen Menschenrechtsverletzungen kommt.
Russland hat die LGBTI+ Verfolgung bislang stets verneint und auch nur halbherzig Untersuchungen unternommen. Auch Tschetscheniens Präsident verneinte die Vorfälle mit der Aussage, dass es in seinem Land gar keine Homosexuellen gebe. Queere Menschen sollten zudem ohnehin nach Kanada gehen, dann werde das Blut der Tschetschenen bloss reiner. Mit solchen und weiteren LGBTI+ feindlichen Aussagen schockierte Kadyrov damals die Welt.
Die Macht und die Möglichkeiten des Europarats sind sehr beschränkt. So können zwar Empfehlungen abgegeben werden, doch diese haben bei Nichteinhaltung kaum Konsequenzen, zudem kann auf dem juristischen Weg der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht eingeschalten werden. Diese Urteile würden eigentlich Russland zum Handeln auffordern, doch bislang zeigte sich Moskau gerade bei LGBTI+ Themen unbeeindruckt. So dürfte laut einem Urteil etwa die Moscow Pride nicht verboten werden und auch das Anti-Gay-Propagandagesetz müsste längst abgeschafft sein.
Seit mindestens 2017 findet in der russischen Teilrepublik Tschetschenien eine äusserst gewalttätige, brutale LGBTI+ Verfolgung statt. Mitglieder der Community werden verschleppt, gefangen gehalten und gefoltert. Mittlerweile sind weit über 100 Fälle durch Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch detailiert erfasst und bestätigt worden. Zahlreiche LGBTI+ haben die Gräueltaten zudem nicht überlebt und sind aufgrund der massiven Folter gestorben. Das LGBT Network Russland versucht seit dem Beginn der Verfolgung Mitglieder der Community im Ausland in Sicherheit zu bringen. Einige Staaten haben angeboten, LGBTI+ Flüchtlinge aus Tschetschenien aufzunehmen.