FRANKREICH: Die grosse Kontroverse um das offizielle Plakat der Paris Pride 2025

FRANKREICH: Die grosse Kontroverse um das offizielle Plakat der Paris Pride 2025
Inter-LGBT, welche für die Organisation der Paris Pride verantwortlich ist, hat mit dem Plakat für die diesjährige Pride eine grosse Kontroverse ausgelöst. Von Gewaltverherrlichung ist etwa die Rede, und zahlreiche Unterstützende haben sich von der Veranstaltung distanziert. Auch die Hauptstadtregion will die versprochenen Gelder nicht mehr ausbezahlen, während die Stadt Paris selber weiter zu Inter-LGBT steht.

Es sind turbulente Zeiten für Inter-LGBT, welche für die jährliche Organisation des Marche des fiertés LGBT+ de Paris, die Paris Pride, verantwortlich ist. Aufgrund des neu vorgestellten Plakats für die diesjährige Demonstration sieht sich die Organisation nun aber mitten in einer gewaltigen Kontroverse. Mitglieder von Inter-LGBT werden massiv angefeindet, und während einige Sponsoren und Unterstützende sich deswegen zurückgezogen haben, und auch staatliche Gelder zurückgehalten werden, eilen andere den Veranstaltenden schützend zur Seite. Selbst die LGBTI+ Community mit ihren Organisationen zeigt sich tief gespalten in Bezug auf das Plakat.

Doch weshalb die Kontroverse? Das neue Plakat soll gewaltverherrlichend, wenn nicht sogar ein Aufruf zu Gewalt sein, so die grösste Kritik. So ist auf dem offiziellen Poster der Pride 2025 ein weisser Mann am Boden liegend zu sehen, der aufgrund seiner Augen offenbar bewusstlos ist. Am Hals trägt er zudem das Symbol eines keltischen Kreuz, welches heute vor allem von neofaschistischen Kreisen benutzt wird.

Umringt ist der Mann von verschiedenen Personen. So trägt eine Person einen Rosa Winkel, ein Symbol, mit welchem queere Häftlinge während der Nazi-Zeit gekennzeichnet wurden, welches heute aber von der LGBTI+ Bewegung wieder quasi zurückerobert wurde, und etwa von der Organisation Act Up! im Kampf gegen HIV/Aids verwendet wird. Weiter ist eine Frau mit Kopftuch zu sehen, welche ein Schild mit der Aufschrift „Gegen die reaktionäre Internationale“ trägt und eine weitere Person trägt Pins, unter anderem mit der Palästina-Fahne oder mit der Aufschrift „Free Prides“.

Diese Symbolik wurden nun von zahlreichen Organisationen, auch queeren, von Politiker:innen, von Firmen und von Institutionen und Behörden teilweise scharf kritisiert. Diese Bildsprache, wie sie hier verwendet werde, könne zu Ausschreitungen und feindseligen Handlungen führen, heisst es beispielsweise von einer queeren, jüdischen Organisation. Dies sei eine unüberlegte Kommunikationsentscheidung. Auch die Organisation FLAG!, ein LGBTI+ Netzwerk für Polizist:innen und Justizbeamt:innen, distanzierte sich in aller Form von diesem Plakat.

Noch härter mit der Kampagne ins Gericht gingen beispielsweise die Pariser Verkehrsbetriebe RATP, welche jeweils eine Partnerschaft mit Inter-LGBT eingehen. Man habe dieses Plakat vorgängig nicht gesehen und somit auch nicht genehmigen können, und daher werde man nun die Zusammenarbeit mit Inter-LGBT beenden. Aus dem Umfeld des Innenministers Bruno Retailleau heisst es ebenfalls, dass dieses Plakat als Aufruf zur Gewalt gedeutet werden könne. Auch von den Behörden der Hauptstadtregion Île-de-France kommt Kritik. Deren Präsidentin Valérie Pécresse von den Républicains verurteilte das Plakat und forderte, dass das Logo der Region sofort von den Postern verschwinden soll. Weiter würden die eigentlich fest eingeplanten Subventionen an die Paris Pride vorderhand nicht ausbezahlt.

Rückendeckung erhält die Organisation zumindest teilweise von der Stadt Paris. Zwar erklärt auch das Büro der Bürgermeisterin, dass man dieses Plakat natürlich nicht gutheisse, doch man stehe weiterhin zu Inter-LGBT und der Paris Pride, insbesondere in einer Zeit, in der LGBTI+ derart vielen Angriffen ausgesetzt sind. Man stehe Inter-LGBT auch zur Verfügung, um sich besser mit Partner:innen, welche möglicherweise durch das Plakat schockiert waren, abzustimmen und Missverständnisse auszuräumen, um in Zukunft eine bessere Zusammenarbeit anzustreben um solche Vorfälle bereits im Vorfeld zu verhindern.

Da besonders auch Rechtsaussen, wie etwa der Rassemblement National, die Gelegenheit nutzte um aufgrund des Plakats allgemein gegen die Pride und die LGBTI+ Community zu hetzen, gab es auch viel Solidarität für die Pride. Organisationen wie SOS homophobie oder auch Inverti.e.s riefen dazu auf, nun erst Recht Menschen für die Pride am 28. Juni zu mobilisieren. Gerade auch SOS homophobie sprach davon, dass die politische Rechte und die extremen Rechten gemeinsam eine Welle des Hasses gegen die Pride orchestriert haben. Die Drohungen gegen die vielen freiwilligen Helfer:innen von Inter-LGBT seien untragbar. Auch die angekündigten Budgetkürzungen würden eine Gefahr für den gesamten Anlass bedeuten, denn diese Gelder würden auch für die Sicherheit der Teilnehmenden eingesetzt.

Inter-LGBT selber spricht von einer groben Fehlinterpretation des Plakats. Die Farben Rot, Grün und weiss würden dabei für Ungarn und Bulgarien stehen, Länder, in denen Prides von Verboten bedroht sind. Weiter habe der queere Künstler mit dem Plakat zeigen wollen, dass sich die reaktionäre Internationale vereine, um LGBTI+ daran zu hindern, sich zu äussern, um ihr Recht auf Existenz, Liebe und Selbstbestimmung einzuschränken oder um sie gar umzubringen.

Der Marche des fiertés LGBT+ de Paris, die Paris Pride, wird am 28. Juni stattfinden. Der Start ist in diesem Jahr bei der der Metrostation Palais Royal – Musée du Louvre und die Demonstration führt dann bis zu Nation. Dort wird auch eine Musikbühne stehen. Alleine bei Nation werden rund 50‘000 LGBTI+ und ihre Allys erwartet.