FRANKREICH: Macron oder doch Le Pen?

FRANKREICH: Macron oder doch Le Pen?
Dass es Marine Le Pen in die Stichwahl gegen Amtsinhaber Emmanuel Macron geschafft hat, bereitet gerade auch LGBTI+ Organisationen sorgen: Le Pen stellte sich gegen die Ehe für alle und lehnte die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare ab. Dass sie aktuell mit einer Frau zusammenlebt ändert daran aber wohl nichts…

Sie ist fast nicht wieder zu erkennen. Während sie bei der letzten Stichwahl im Jahr 2017 noch mit radikalen Forderungen auftrat und auch äusserst angriffig sich ihrem Gegner Emmanuel Macron stellte, so scheint Marine Le Pen heute schon fast handzahm. Sie versucht sich damit vom äussersten rechten Rand der Politik zu entfernen um auch für andere Wählergruppen interessant zu werden. Es ist ihre bereits dritte Präsidentschaftskandidatur, das zweite Mal, dass sie die Stichwahl erreicht, und so eng wie jetzt, war es noch nie.

Marine Le Pen selber symbolisiert nicht unbedingt die konservativen Werte, welche sie den Wähler:innen zu verkaufen versucht. Sie hat insgesamt drei Kinder aus drei gescheiterten Ehen und Lebenspartnerschaften, doch aktuell lebt Marine Le Pen mit einer Frau zusammen, welche sie seit frühester Kindheit kennt. Während sie sich um den Garten kümmere, sei die Küche das Reich von Ingrid, erklärte die Politikerin, um anzufügen, dass diese Wohngemeinschaft besser funktioniere als mit Männern. Dies steht ganz im Gegensatz zu ihrer Politik und ihren Ansichten.

Viele LGBTI+ Organisationen warnen denn auch, dass dieses sanfte und äusserst gemässigte Auftreten wohl täusche. Sollte die 53-Jährige tatsächlich gewinnen, dann würden frostige Zeiten auf die Community zukommen. Daher überrascht es kaum, dass die Organisationen alle dazu aufrufen, unbedingt wählen zu gehen, denn auch wenn vielleicht Macron nicht der Wunschkandidat ist, so gilt es doch Le Pen zu verhindern. Nicht zur Wahl zu gehen würde somit der Politikerin direkt in die Hände spielen.

LGBTI+ Anliegen waren zwar auch jetzt beim zweiten Wahlgang kein Thema, doch queere Aktivist:innen sind sich einig, dass Le Pen nicht in den Palais de l'Élysée einziehen dürfe. Von der Organisation Inter-LGBT heisst es beispielsweise, dass jemand mit Verbindungen zu Ungarns Viktor Orban und zu Russlands Vladimir Putin die Fortschritte Frankreichs gefährde. In Debatten über die Ehe für alle habe sich die rechtsextreme Kandidatin immer wieder gegen die Gleichstellung von LGBTI+ Menschen, sowie auch gegen die künstliche Befruchtung ausgesprochen. Daran ändere auch ihr sanfteres Auftreten und das Versprechen nichts, wonach sie die gleichberechtigte Ehe nicht mehr aufheben wolle. Ihr nationalistisches Programm sei Gefahr genug.

Marine Le Pen hat mit ihrer Partei eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht und sie von einer Randgruppe, welche sie noch unter ihrem Vater Jean-Marie Le Pen und unter dem Namen Front National war, zu einer ernstzunehmenden Kandidatin für das Amt des Staatspräsidenten gemacht. Ihren Vater, der Gründer der Partei, schmiss sie vor gut zehn Jahren raus, ihre Partei taufte sie auf Rassemblement National um, und im aktuellen Wahlkampf scheint sie sich selbst ihrem eigenen Nachnamen entledigen zu wollen und winkt nur noch als "Marine" von den Plakaten.

Unter ihrem Vater war die Partei nicht nur ein Inbegriff für Populismus, sondern auch für Rassismus, Antisemitismus und LGBTI+ Feindlichkeit. Homosexuelle bezeichnete er als biologisch Abnormale, und sie hätten damit „eine Wahl getroffen“. Pädophilie habe seine Wurzeln zudem in der Bewunderung von Homosexualität. Ob Marine Le Pen tatsächlich von diesen Positionen abgerückt ist, ist fraglich.

Der Sprecher von Inter-LGBT, der auch Präsident des LGBTI+ Centers Coleaurs Gaies ist, meinte jedenfalls, dass Marine Le Pen es nur schon in den zweiten Wahlgang geschafft habe, sollte queeren Menschen in Frankreich Sorgen bereiten. Besonders trans Menschen dürfte die Wahl der Rechtspopulistin schwer treffen: Gerade die TERF Bewegung ist in Frankreich eng mit Rechtsaussen verbunden. Diese seien bereits gewalttätig gegen Frauen, insbesondere gegen trans, bisexuelle und lesbische Frauen, aber auch gegen LGBTI+ of Colour. Sollte Le Pen tatsächlich gewinnen, würde sich die Situation für sie noch verschärfen.

Andere Aktivist:innen sehen die Wahl auch als ein Wettbewerb darum, wer unpopulärer ist. Vielen LGBTI+ ist nämlich auch Emmanuel Macron nicht sympathisch. Sie sehen in ihm jemanden, dem queere Menschen einfach egal sind. Sie loben zumindest jedoch sein Engagement für das Verbot von Konversionstherapien. Seine Partei La République En Marche hat sich damals an die Spitze gesetzt um für ein Verbot zu kämpfen - und dies erfolgreich.

Am kommenden Sonntag (24. April) um 20 Uhr soll bekannt sein, wer die Wahlen gewonnen hat, sofern das Resultat nicht zu knapp ausfällt. Sollte Macron verlieren, dann hat Le Pen bis zum 13. Mai Zeit um das Amt zu übernehmen. Im Juni werden dann die Parlamentswahlen stattfinden, und dies wird ein weiterer Stimmungstest werden - entweder für Macron, oder für Le Pen.