ISRAEL: Fernsehreporter und Sohn eines Rabbi hat Coming Out
Seit zehn Jahren habe er diese Worte immer wieder geschrieben und dann jeweils wieder gelöscht. Doch er habe nun genug davon, sein wahres Ich zu verstecken, schrieb Yair Sherki in einem Facebook-Post. Seine Angst schien mehrheitlich unbegründet, wie die Kommentare unter seinem Post zeigten. Die allermeisten Reaktionen waren voller Unterstützung und Support - und dies sogar von Politikern des ganz rechten Spektrums.
So reagierte Yitzhak Wasserlauf von der Rechtsaussen-Partei Otzma Yehudit mit einem Herz-Emoji. Dies wiederum wurde dann allerdings von Parteimitgliedern verurteilt, denn damit würde er die Sittenlosigkeit unterstützen. Ganz anders der Vorsitzende der Opposition, Yair Lapid, welcher Sherki in einem Kommentar unter dem Post für seinen Mut gratulierte. Sogar der ehemalige Premierminister Naftali Bennett schrieb in den Sozialen Medien: „Love you dear brother. And very proud of you.“
Yair Sherki ist Sohn eines Rabbi aus Jerusalem und entsprechend grosse Sorgen machte er sich auch rund um sein Coming Out. Er lebe in einem ständigen Konflikt zwischen seiner Sexualität und seinem Glauben. Es gebe einige, welche diesen Konflikt lösen, indem sie sich einreden, dass es keinen Gott gibt, so Sherki weiter. Andere wiederum würden sich sagen, dass es Homosexualität nicht gibt, doch er wisse, dass es beides gibt.
Er habe Angst, dass seine Mutter ihn nun ablehne, doch er habe keine Kraft mehr darüber zu schweigen. Er wisse auch, dass diese Wahrheit, welche er nun geteilt habe, einige Menschen, welche ihm nahestehen und welche er liebe, traurig machen werde, doch er hoffe, dass diese einen Platz in ihrer Seele finden werden, welche diese Wahrheit zulasse, so Sherki weiter.
Israel ist ein tiefgespaltenes Land, was Homosexualität angeht: Einerseits Tel Aviv als queere Hochburg für die gesamte Region, dann aber auch konservative und orthodoxe Gebiete, welche die gleichgeschlechtliche Liebe strikt ablehnen. Eine Umfrage des Pew Research Center von vor vier Jahren hat damals ergeben, dass 47 Prozent der Bevölkerung finden, dass die Gesellschaft Homosexualität akzeptieren sollen, während 45 Prozent dies inakzeptabel fanden.
Auf gesetzlicher Ebene hat Israel aber in den vergangenen Jahren etliche Fortschritte erzielt. So wurden Konversionsmassnahmen verboten und es gibt einen gewissen Diskriminierungsschutz. Die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ist in Israel ebenfalls möglich und es gibt eine Art Partnerschaftsgesetz. Auch das generelle Blutspendeverbot für MSM wurde aufgehoben.