ISRAEL: Erster offen queerer Parlamentspräsident ernannt

ISRAEL: Erster offen queerer Parlamentspräsident ernannt
Mit Amir Ohana wurde erstmals ein offen schwuler Politiker zum Parlamentspräsidenten in Israel ernannt. Sein Wahlergebnis war erfreulicherweise mehr als deutlich und bildet ein kleiner Lichtblick während düsteren Zeiten für LGBTI+. Ohana lebt mit seinem Partner und ihren beiden, gemeinsamen Kindern in Tel Aviv.

Eigentlich ist die neue Regierung von Benjamin Netanjahu massiv nach rechts gerückt und gilt als religiöseste und rechteste in der Geschichte des Landes, doch einen Lichtblick gibt es trotzdem: Mit Amir Ohana wurde erstmals eine queere Person zum Parlamentspräsidenten, zum "Sprecher des Knesst", gewählt. Seine Wahl viel mit 63 zu 5 Stimmen überdeutlich aus.

Ohana ist ein enger Verbündeter von Premier Netanjahu und er war 2015 der erste schwule Politiker, welcher im Knesset vereidigt wurde. Doch selbst seine Wahl konnte die schlimmen Befürchtungen bezüglich der neuen israelischen Regierung kaum mildern. So wurde beispielsweise Avi Maoz ins Kabinett aufgenommen. Er ist der Vize-Minister im Büro von Netanjahu. Er verglich in der Vergangenheit bereits LGBTI+ Aktivist:innen mit Nazis und warf ihnen Kinderhandel vor.

Zum Minister für Arbeit und Sozialwesen wurde zudem Yoav Ben-Tzur ernannt. Er gehört der Shas Partei an und zeigte sich über die Wahl von Ohana besorgt. Man sei nicht glücklich mit der Wahl und dem Weg, den er eingeschlagen habe, aber man werde ihn als Person beurteilen und nicht nach seinen Neigungen, so Ben-Tzur.

Die neue Ministerin für nationale Aufgaben, Orit Strock, machte wiederum keinen Hehl daraus, dass sie die Rechte für queere Menschen einschränken will. So will sie erreichen, dass Ärzte in Zukunft Behandlungen für Personen ablehnen dürfen, wenn diese gegen ihre religiösen Überzeugungen stehen, dies soll etwa auf Basis der Religion, aber auch der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität geschehen können.

Nach seiner Wahl versuchte Amir Ohana die LGBTI+ Community zu beruhigen und erklärte, dass dieser Knesset unter seiner Führung weder die Rechte von Regenbogenfamilien noch von irgendwelchen anderen Familien verletzen werde. Ob dies jedoch in seiner Macht stehen wird, muss sich noch weisen, denn einen ersten Vorgeschmack gab es bereits bei Ohanas Antrittsrede: Avi Maoz von der äusserst LGBTI+ feindlichen Noam Partei drehte ihm nämlich demonstrativ den Rücken zu.

Auch Benjamin Netanyahu hat im Vorfeld der Vereidigung seines Kabinetts versucht die Wogen zu glätten und er erklärte, dass er es nicht zulassen werde, dass die Rechte von queeren Menschen angegriffen werden. Ob ihm dies gelingen wird, ist offen, denn einige Mitglieder seiner Likud Partei haben bereits offen erklärt, dass sie sich für eine Wiedereinführung von Konversionsmassnahmen einsetzen werden, sowie gegen die genderneutrale Sprache. Konversionsmassnahmen wurden erst im vergangenen Jahr verboten.

Auch einige Rabbi haben bereits munter Öl ins Feuer gegossen nach der Wahl von Amir Ohana. So wurde er unter anderem aufgrund seiner Homosexualität bereits als "krank" bezeichnet, und dies war noch eine der eher milderen Aussagen von religiös-konservativer Seite.