LITAUEN: Ist das Anti-LGBTI+ Propagandagesetz bald Vergangenheit?
Seit der Einführung im Jahr 2009 ist das diskriminierende Gesetz höchst umstritten, und auch die Europäische Union hat bereits interveniert. Es nennt sich offiziell Gesetz zum Schutz von Minderjährigen vor negativen Informationen in der Öffentlichkeit, und es soll Kinder von angeblicher „LGBTI+ Propaganda“ schützen, hiess es damals, als es in Litauen debattiert wurde. Mit der gleichen Argumentation wurde das Gesetz bereits zuvor in Russland eingeführt, und seither wurde es von mehreren Staaten in ähnlicher Form kopiert, wie neben Litauen auch von Ungarn.
Nachdem ein Kinderbuch einer lesbischen Autorin zensuriert wurde, weil es Regenbogenfamilien thematisierte, hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach einer entsprechenden Klage mit dem Fall auseinandergesetzt und geurteilt, dass das Gesetz gegen die freie Meinungsäusserung verstosse. Das Buch sei vielmehr ein Plädoyer für die Akzeptanz und Achtung aller Menschen in der Gesellschaft, so die Richter damals.
Durch diese Entscheidung war das litauische Justizministerium zum Handeln gezwungen. Mit einem Vorschlag soll das Anti-LGBTI+ Propagandagesetz entsprechend angepasst werden. Dabei geht es insbesondere um die Formulierung, welche Informationen verbietet, welche Verachtung gegenüber Familienwerte ausdrücke, oder Personen dazu ermutige, eine Ehe einzugehen oder eine Familie zu gründen, welche von der Verfassung nicht vorgesehen werde.
Obwohl queere Menschen oder die LGBTI+ Community im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt sind, zielt es genau darauf ab. Dies schränkt nicht nur die Meinungsfreiheit ein, sondern fördert auch die Stigmatisierung und Diskriminierung queerer Menschen und LGBTI+ Feindlichkeiten.
Rund 70 Prozent der Bevölkerung Litauens lehnen gleichgeschlechtliche Partnerschaften noch immer an, wie eine Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeigte. Dies ist eine der höchsten Quoten in Europa und besonders innerhalb der Europäischen Union. Auch LGBTI+ Feindlichkeiten sind weit verbreitet. Eine Umfrage aus dem Jahr 2020 zeigte, dass 44 Prozent der queeren Menschen bereits Gewalt oder Belästigungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität erlebten. Dies sind mehr als der EU-Durchschnitt von 38 Prozent. Dass es jedoch auch Fortschritte gibt, zeigt, dass 60 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass Intoleranz und Vorurteile gegenüber LGBTI+ in den vergangenen fünf Jahren abgenommen haben. In den Ländern der EU liegt dieser Wert im Durchschnitt bei 40 Prozent.
LGBTI+ Aktivist:innen hoffen nun, dass das Gesetz zum Schutz von Kindern wie vom Justizministerium vorgeschlagen dahingehend angepasst wird, dass queere Menschen nicht mehr diskriminiert werden.