RUSSLAND: Gericht beurteilt Verbot der Ehe für alle als Menschenrechtsverletzung

RUSSLAND: Gericht beurteilt Verbot der Ehe für alle als Menschenrechtsverletzung
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beurteilt Russlands Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen als Verletzung der Menschenrechte. Es ist ein weiteres Urteil gegen die LGBTI+ feindliche Politik des Landes, doch wie frühere Fällen gezeigt haben, so hat in Russland leider eine lange Tradition diese Urteile jeweils zu ignorieren.

Sei es das Verbot der Pride oder das Anti-LGBTI+ Propagandagesetz, Russland wurde bereits mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg für die Verletzung von Grundrechten von queeren Menschen verurteilt, doch Putins Regierung hat diese Urteile jeweils schlicht ignoriert. Dies, obwohl es dabei um Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention geht, welche auch von Russland unterzeichnet und somit bindend wäre.

Der jüngste Fall ist bereits vor gut zehn Jahren gestartet worden, als drei gleichgeschlechtliche Paare versuchten in Russland eine Heiratserlaubnis zu erhalten. Die lokalen Standesämter haben ihre Anträge jedoch jeweils abgelehnt. Die Richter in Strassburg urteilten nun, dass der Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention besage, dass ein Land das Privat- und Familienleben der Antragsteller respektieren und sicherstellen müsse, indem es deren Beziehungen anerkenne und durch das nationale Gesetz schütze. Zwar sei die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren nicht explizit im Artikel 8 erwähnt, erklärten die Richter in der Urteilsbegründung weiter, doch es müsse eine gerechte Balance zwischen den Rechten von gleichgeschlechtlichen Paaren und der Gesellschaft an sich herrschen.

Das Argument Russlands, dass eine Mehrheit der Bevölkerung gleichgeschlechtliche Beziehungen ablehne, liessen die Richter nicht gelten. Ebenso folgten sie der Argumentation nicht, dass es auch im Interesse der Gesellschaft als ganzes sein könne, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anerkannt werden. Die Richter stellten sich dabei auf den Standpunkt, dass wenn man LGBTI+ Paaren die Möglichkeit gebe, dass ihre Beziehungen rechtlich anerkannt werden, dann beeinflusse dies das traditionelle Verständnis der Ehe, wie es Russland sehe, nicht.

Dass das Urteil irgendwelche Auswirkungen oder gar Verbesserungen für die Situation der LGBTI+ in Russland bringen wird, darf bezweifelt werden. Obwohl die Urteile vom Gerichtshof eigentlich befolgt und umgesetzt werden müssten, hat sich Russland in der Vergangenheit kaum je darum bemüht, insbesondere nicht wenn es um Anliegen der LGBTI+ Community ging. So wurde das Land bereits 2017 wegen dem Anti-LGBTI+ Propagandagesetz verurteilt, und ein Jahr später wegen dem Pride-Verbot. Beide Gesetze würden gegen die Grundrechte verstossen, hiess es damals, doch geändert hat sich daran bis heute nichts.

Vladimir Putin hat sich diesbezüglich mit seiner umfassenden Verfassungsreform im vergangenen Jahr zusätzlich abgesichert. So gibt es neu einen Passus, der internationales Recht wie eben die Europäische Menschenrechtskonvention, dem nationalen, russischen Recht unterordnet. Eigentlich müsste es aber genau umgekehrt sein und so sollte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stets das letzte Wort haben.