RUSSLAND: Und plötzlich wollen sich mehr auf HIV testen lassen...
Russland sieht sich mehr und mehr mit einem enormen Problem konfrontiert, doch die Regierung verschliesst nach wie vor grosszügig die Augen davor: Im vergangenen Jahr hat das Land die 1-Million-Marke geknackt, und somit leben nun rund ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung mit dem Virus. Während andere Staaten aufgrund der verbesserten Behandlungsmassnahmen praktisch keine Aids-Toten mehr aufweisen, so sterben in Russland nach wie vor rund hundert Menschen jährlich an Aids. Während die Zahl der Neuinfektionen in anderen Ländern, nicht zuletzt wegen PrEP, am abschwellen ist, steckt Russland noch mitten in einer sich rasant ausbreitenden Epidemie.
Erschreckend ist dabei zu sehen, dass sich in den letzten acht Jahren unter Putin mehr Menschen mit dem Virus infiziert haben, als in den 25 Jahren davor. Dies liegt vor allem an der Politik des Präsidenten: So hat Putin das Thema HIV seit dem Jahr 2012 nicht mehr angesprochen, wie Soziologe Iskander Yasaveyev erklärt. In den Jahren zuvor sprach er jedoch noch von einer dringenden Krise. Hinzukommt, dass von den 1.4 Millionen HIV-Fällen, welche Russland seit 1987 registriert hat, mehr als die Hälfte nach 2012 passierten.
Genau dieses Problem hat der russische Youtube-Star Yuri Dud nun in einer Doku zum Thema gemacht. Unter dem Titel „HIV in Russland: Eine Epidemie, über welche nicht gesprochen wird“ bringt er viele Zahlen und lässt HIV-Positive zu Wort kommen und ihre Geschichten erzählen. Dabei scheut er auch vor Kritik an Vladimir Putin nicht zurück. So gibt er ihm gar eine Mitschuld an der aktuellen Situation, da der Präsident dem Problem keine Beachtung schenke.
Das Video hat sich derart verbreitet, dass die Google-Suchanfragen zu HIV-Tests und Prävention binnen einer Woche um 5‘500 Prozent hochgeschnellt sind. Allein in zwei Tagen habe sich die Zahl jener Personen in einen HIV-Test Center in St. Petersburg ebenfalls verdoppelt. Die beinahe zweistündige Doku wurde bereits von weit mehr als 13 Millionen User gesehen, und sie hat es gar bis in die obersten politischen Kreise geschafft. So hat etwa das russische Parlament ein Screening für seine Angeordneten zum Valentinstag organisiert. Nur zwei Tage später versprachen die Politiker der Finanzkammer zudem, dass man sich damit befassen werden, wie man Russ*innen, welche mit HIV leben, besser unterstützen könne.
