RUSSLANDs queere Kulturbranche leidet unter den harschen Anti-LGBTI+ Gesetzen

RUSSLANDs queere Kulturbranche leidet unter den harschen Anti-LGBTI+ Gesetzen
Seit das nochmals verschärfte, sogenannte Anti-LGBTI+ Propagandagesetz Ende 2022 durch Vladimir Putin in Kraft gesetzt wurde, greift der Staat immer mehr durch und geht gegen Verstösse vor. Ein unabhängiger Buchverlag versucht sich zu wehren, und auch das einzige internationale LGBTI+ Filmfestival des Landes blickt in eine düstere Zukunft.

Der Artikel 29.5 der russischen Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit, doch in Putins Russland ist dieser Artikel kaum das Papier Wert, auf dem er gedruckt ist. Der unabhängige, russische Verlag Popcorn Books versucht sich trotzdem darauf zu berufen und hat nun den Artikel auf das Cover von zahlreichen seiner Bücher gedruckt, welche LGBTI+ Charaktere oder Inhalte haben.

Der Verlag wird von den Behörden zunehmend in die Ecke gedrängt. Seit das Land sein sogenanntes Anti-LGBTI+ Propagandagesetz am 5. Dezember verschärft hat, sind quasi sämtliche Themen und Inhalte, welche „nicht traditionelle Werte“ vermitteln, verboten. Während das Verbot ab 2013 nur galt, wenn Minderjährige damit in Kontakt kommen könnten, so gilt es nun auch bei Erwachsenen.

Mit dem Vorwurf, der Popcorn Verlag würde sich mit seinen Büchern über das geltende Verbot hinwegsetzen, traten die Behörden nun an das Unternehmen heran und kündigten Ermittlungen an. Wie ein Autor des Gesetzes, der Politiker Alexander Khinshtein, erklärte, sei eine Abteilung des Innenministeriums mit den Untersuchungen beauftragt worden, nachdem er eine Beschwerde über den Verlag dort platziert habe.

Der Popcorn Verlag sei eines der führenden Unternehmen in der Verbreitung von LGBTI+ Literatur, erklärt Khinshtein weiter. Er hoffe, dass der Verlag nun vor Gericht kommt und dort jene Strafe erhalte, welche der Verlag verdiene, wenn er sich gegen den Staat auflehne. Ob die Klage jedoch überhaupt erfolgversprechend ist, bleibt unklar, denn wie so oft bei solchen Gesetzen, so ist auch dieses äusserst schwammig formuliert und lässt viel Interpretationsspielraum zu.

Auch das Festival Side by Side, das einzige internationale LGBTI+ Filmfestival Russlands, kämpft mit grossen Schwierigkeiten und bangt um die künftige Durchführung. Seit seiner Gründung im Jahr 2008 wurden dem Festival immer wieder Steine in den Weg gelegt. Nachdem das russische Kulturministerium und die Zensur- und Medienbehörde Roskomnadzor das Festival nach dem Start des Angriffskrieg gegen die Ukraine ganz verboten haben, hat Side By Side damit begonnen im Ausland Standbeine aufzubauen, um dort queere Filme zu zeigen, so etwa in Spanien, Georgien und in Estland. Zudem haben sie auch eine Online-Version des Festivals lanciert.

Die Macher:innen von Side By Side wollen, wie der Buchverlag, ebenfalls nicht aufgeben, denn der Erfolg vergangener Veranstaltungen gibt ihnen Recht: Das Publikum erscheint in Scharen und praktisch alle Vorstellungen sind jeweils bis auf den letzten Platz ausgebucht. Und dies, obwohl die Gegner des Festivals nichts unversucht lassen um den Anlass zu stören. So schreckten sie in der Vergangenheit nicht einmal von Bombendrohungen zurück. Auch die nun im Ausland stattfindenden Filmvorführungen sind ein voller Erfolg, und nicht nur russisch sprechende oder Mitglieder der LGBTI+ Community besuchen die Kinosäle.