SCHWEIZ: Was bedeuten die neuen Massnahmen für die Clubs?

SCHWEIZ: Was bedeuten die neuen Massnahmen für die Clubs?
2G ist das neue 3G - so in etwa lassen sich die neuen Massnahmen des Bundesrats zusammenfassen, die ab dem 6. Dezember im Nachtleben gelten werden. Was 2G für die Clubs genau bedeutet und welche Fragen diesbezüglich noch offen sind, haben wir Marco Uhlig, Geschäftsführer vom Heaven und Co-Präsident der Bar & Club Kommission Zürich, gefragt.

Der Bundesrat hat nach Konsultationen mit den Kantonen am Freitag die neuen Coronamassnahmen bekanntgegeben, und dabei die 2G-Regel auf freiwilliger Basis für Clubs und andere Kultureinrichtungen beschlossen. Dies bedeutet, dass die sonst generell geltende Sitzpflicht bei Konsumationen, sowie die Maskenpflicht, dann aufgehoben werden kann, wenn die Betreiber die 2G-Regel umsetzen und nur geimpfte oder genesene Personen in ihre Lokalität lassen. Was diese neue Regel für das Nachtleben bedeutet, hat uns Marco Uhlig, Geschäftsführer vom Heaven, Veranstalter der Boyahkasha und Co-Präsident der Bar & Club Kommission Zürich, erklärt.

Der Bundesrat hat heute die freiwillige 2G-Regel für Clubs bestimmt: Damit werden die Clubs von der Maskenpflicht, sowie von der Sitzpflicht bei der Konsumation befreit. Was bedeutet die neue Ausgangslage für euch?
Die 2G-Regel macht unserer Meinung nach total Sinn. Dies sollte man sogar flächendeckend bei allen Branchen einführen. Wir sind zwar keine Epidemiespezialisten, doch die Lage hat sich echt zugespitzt und man sollte eigentlich noch strengere Regeln einführen. Wir sind einzig der Meinung, dass der Bundesrat uns und der gesamten Nachtkultur nicht mit so komischen Regeln wie der Sitzpflicht und Maskenpflicht in Clubs einschränken soll, denn dies kommt faktisch einem Berufsverbot gleich, ohne dass sich der Bund am finanziellen Fiasko beteiligen muss. Wir haben vielleicht 40 Sitzpläze und damit kann man keinen normalen Clubbetrieb durchführen, sondern dann wären wir einfach eine Bar und hätten somit nur einen Bruchteil vom normalen Umsatz. Dies würde bedeuten, dass wir nicht mehr unsere Mieten und Löhne voll bezahlen können und auf Unterstützung angewiesen sind. Aus diesem Grund sind wir froh über die freiwillige 2G-Regel, welche wir natürlich umsetzen werden um damit von der Masken- und der Sitzpflicht befreit zu werden. Sollte aber der Bundesrat oder der Kanton weiterhin der Meinung sein, dass wir Pandemietreiber sind, dann sollen sie die Clubs zu machen, aber entsprechend auch die Nothilfe verlängern oder ausweiten, denn das wäre ehrlicher als solche Ideen wie die Sitzpflicht für Clubs.

Ihr werdet also 2G umsetzen.
Genau, wir werden 2G sicher umsetzen, und das hat mehrere Gründe. Zum einen müssen wir alle natürlich von irgendetwas leben. Die Existensängste sind diesen Winter wiedermal ein Thema. Auch bei unseren Mitarbeitenden. Diese möchten wir natürlich weiterhin pünktlich entlöhnen und auch unsere Rechnungen bezahlen können. Zum anderen sehen wir uns auch, und dies nicht erst seit der Pandemie, als Safe Space, als Schutzraum für all jene, die dies benötigen. Gerade sie haben bereits genug gelitten, und so werden wir so lange wie möglich versuchen, den Club offen zu haben, ausser natürlich die Massnahmen des Bundesrat lassen überhaupt nichts mehr zu.

Lässt sich 2G denn auch tatsächlich so einfach umsetzen?
Da gibt es tatsächlich noch offene Fragen, gerade was den Datenschutz betrifft. Wenn wir nämlich ein Covid-Zertifikat mit unserer App scannen, heisst es nur, ob das Zertifikat gültig ist oder nicht. Wir können jedoch nicht sehen, ob jemand tatsächlich geimpft ist, oder ob jemand das Zertifikat durch einen Test bekommen hat. Dies dürfen wir im Moment nicht prüfen und somit müsste der Bund hier die Datenschutzrichtlinien, oder wohl eher die Covid-App entsprechend anpassen. Dies ist nun die grosse Frage, wie der Bund das machen will. Ob neu alle auch noch den Impfausweis mitbringen müssen, oder ob es künftig für Tests gar keine Zertifikate mehr gibt.

Hättet ihr auch die Sitzpflicht umgesetzt oder hättet ihr das Heaven dann geschlossen?
Wir hätten es auch mit der Sitzpflicht probiert und würden es probieren, falls die doch noch kommen sollte. Nach dem ersten Abend hätten wir geschaut, wie es unter dem Strich ausschaut mit nur 40 Gästen. Dabei hätten wir natürlich auf DJs usw. verzichtet und eher auf Barbetrieb umgestellt. Zudem hätten wir wieder mit unserem Vermieter reden müssen, denn ein solcher Betrieb ist natürlich nicht finanzierbar. Ehrlich gesagt sehen wir aber auch die 2G-Regel eher als Übergangslösung. Die Zahlen werden durch die neuen Massnahmen wohl kaum sinken und somit werden auch die Spitäler wieder überlastet sein. Dann wird es wohl einschneidendere Massnahmen geben und die Clubs die ersten Orte sein, die wieder schliessen müssen. Natürlich haben wir alle keine Glaskugel und wissen nicht was kommen wird. In diesem Fall bin ich nun umso mehr froh, wenn es doch besser kommt, als gedacht.

Gutes Stichwort mit den Spitälern - in deiner Brust schlagen zwei Herzen: Du hast ja während dem Lockdown auch auf der Intensivstation im Universitätsspital Zürich gearbeitet, und sonst bist Du Clubbetreiber und Partyveranstalter: Wie meisterst Du diesen Spagat und wie gehst Du mit dem auf und ab bei den Massnahmen um?
Mein eines Herz, das für die Pflege pocht und die Zustände auf den Intensivstationen sieht, sagt ganz klar: Hey, macht doch endlich alles zu, macht mal lieber einen Shutdown damit die Zahlen runtergehen, denn sonst haben wir wieder ein Weihnachten und ein Silvester an dem alles geschlossen ist. Mein anderes Herz, das des Unternehmers und von jemandem, der einen Safe Space anbieten möchte, sagt natürlich, dass sie uns entweder ganz zu machen sollen oder eine Lösung anbieten, mit der der Betrieb aufrecht erhalten werden kann, was mit 2G natürlich nun ab nächster Woche möglich ist.

Wann hast Du das letzte Mal auf der Intensivstation gearbeitet?
Ich war dort im Juni zum letzten Mal im Einsatz, aber es stellt sich schon die Frage, wann ich wieder dort arbeiten gehen werde. Momentan habe ich noch mit dem Heaven sehr viel zu tun. Sollten wir jedoch wieder schliessen müssen, werde ich selbstverständlich wieder auf der Intensivstation arbeiten gehen. Ich kann nicht zu Hause sitzen und nur Netflix schauen, denn ich finde, man soll und muss helfen, wenn man das Wissen und die Möglichkeiten dazu hat.

Wie ging es euch in den vergangenen Monaten: Kamen die Partygänger wieder zurück wie vor der Pandemie oder habt ihr eine Veränderung im Nachtleben gespürt?
Wir haben anfangs Juli wieder aufgemacht und hatten ein paar echt coole Monate. Es war zwar viel Aufklärungsarbeit an der Tür und wir hatten sehr hohe Personalkosten, doch wir haben es sehr gerne gemacht, denn die Stimmung war echt genial. Fast so, als hätten wir nochmals komplett neu aufgemacht. Wirklich ein tolles Publikum. Wir können uns nicht beschweren, auch wenn einem manche Szenen oben an der Türe auch ans Herz gegangen sind. So etwa, wenn wir Personen nicht reinlassen konnten, weil etwas fehlte, etwa der Ausweis, oder weil jemand ein Zertifikat aus dem Ausland hatte, welches bei uns nicht gültig ist.

Wie war die Reaktion der Gäste generell auf die vielen Kontrollen?
Als Clubs hatten wir ja die strengsten Auflagen von allen Branchen und viele wollten es anfänglich nicht verstehen, doch schliesslich war es der Bund, der uns diese Auflagen machte. So mussten wir die Codes mit einer App einscannen und konnten sie nicht einfach mit dem Ausweis abgleichen, zudem mussten wir zwingend eine ID oder einen Pass sehen, und durften etwa den SwissPass oder ein Foto des Ausweis nicht akzeptieren. Als einzige mussten die Clubs zudem auch die Kontaktdaten erfassen, was ebenfalls nicht nur positives Feedback gab. Das war etwas schade, dass man sich datenmässig vor dem Clubbesuch quasi nackt machen musste, bevor man rein durfte. Das waren und sind weiterhin nun mal die Vorgaben. Schlussendlich haben sich alle daran gewöhnt und das Gute war, dass viele Besucher:innen, vor allem auch unsere Stammgäste, von sich aus gesagt haben, dass sie geimpft sind. Das hat uns zusätzlich ein gutes Gefühl gegeben.

Somit war das Impfen während deinen Gesprächen mit den Gästen immer ein grosses Thema?
Das kann man sagen, denn viele wollten auch wissen, wie viele denn geimpft sind, welche sich im Club aufhielten. Wieder andere erzählten uns voller stolz von sich aus, dass sie die Impfung gekriegt haben. Dabei ist mir aufgefallen, dass die queere Community im grossen und ganzen doch sehr gesundheitsbewusst ist und sich mehrheitlich impfen liess. Aufgrund der vielen freiwilligen Rückmeldungen im Gespräch gehen wir schlussendlich von nur schätzungsweise fünf bis zehn Prozent Getesteter aus. Aus diesem Grund sehen wir auch der 2G-Regel sehr positiv entgegen. Werden die Clubs doch noch geschlossen, feiern die Leute wohl wieder privat und dann passieren da die Ansteckungen, ganz unkontrolliert, da privat weder Zertifikate eine Rolle spielen noch die Kontaktdaten erhoben werden.

Du befürchtest also, dass ihr in zwei Wochen wohl wieder schliessen müsst?
Wenn man die Entwicklung mit dem letzten Jahr vergleicht, dann dürfte es wohl wieder soweit kommen. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir einen normalen Winter haben werden, und dass wir so weitermachen können wie jetzt. Dies würde nicht gut kommen, zumindest nicht für die Spitäler.