TAIWAN: Nach homophobem Abstimmungskampf passt Taiwan sein Gesetz an
Dass die Demokratie bei gewissen Fragen an ihre Grenzen stösst, hat auch die Schweiz schon bemerkt. Sei es bei zu komplexen Sachverhalten, oder wenn es um Menschenrechte geht, und damit Ängste und Hass geschürt werden können, bei denen besonders Minderheiten betroffen sind. Diese Erfahrung hat Taiwan im vergangenen November gemacht, als sowohl über die Öffnung der Ehe, als auch über LGBTI+ inklusiven Schulunterricht abgestimmt wurde. Ingesamt fünf Vorlagen zu diesen Themen wurden von der Bevölkerung bachab geschickt. Vor allem die Gegner führten eine äusserst homophobe Angstkampagne indem sie etwa Aids mit Homosexualität gleichstellten.
Die Konsequenzen gerade für die LGBTI+ Community waren verheerend. Wie LGBTI+ Aktivisten berichten, gab es gerade bei jugendlichen Schwulen, Lesben, Bisexuellen, sowie trans und inter Menschen eine Häufung an Selbstmorden. Ähnliche Erfahrungen machte auch die LGBTI+ Hotline, deren Anrufe rund um den Abstimmungskampf, und vor allem nach der Ablehnung aller Vorlagen, um vierzig Prozent anstiegen. Zahlreiche Familien wurden auf eine wahre Zerreissprobe gestellt, da die Themen äusserst kontrovers diskutiert wurden.
Um in Zukunft solche schädlichen politischen Prozesse abzuschwächen hat die Regierung von Taiwan das Recht für Volksabstimmungen einer Reform unterzogen und es nun an das Parlament weitergeleitet. Eine der neuen Massnahmen sieht beispielsweise vor, dass Anliegen, welche die Menschenrechte betreffen, wie eben das Recht auf Ehe, nicht mehr vors Volk kommen sollen. Ebenfalls soll Abstimmungsbetrug erschwert werden, denn die Befürworter von Marriage Equality haben im Nachgang an die Volksabstimmung im vergangenen November festgestellt, dass es in mindestens 2000 Fällen zu Betrug und Unregelmässigkeiten in den Abstimmungslokalen gekommen ist.
LGBTI+ Organisationen begrüssen die vorgestellte Gesetzesreform: Eine Volksabstimmung dürfe nicht dazu verwendet werden um Menschenrechte zu attackieren oder um Minderheiten innerhalb der Gesellschaft herabzusetzen. Aus diesem Grund sehe man die Änderungen im Gesetz über Referenden als positiv, heisst es etwa von Marriage Equality Taiwan. Die letzte Reform des Gesetzes ist erst im vergangenen Jahr in Kraft getreten, und machte es möglich, dass mit nur 280‘000 gesammelten Unterschriften eine Volksabstimmung erzwungen werden konnte. Die Gegner von Marriage Equality schafften dies und brachten fünf Vorlagen über LGBTI+ Rechte vors Volk, welche allesamt abgelehnt wurden. LGBTI+ Aktivisten warfen damals der Regierung Taiwans vor, dass die Community quasi als Versuchskanninchen für das neue Gesetz herhalten musste.
Auch in der Schweiz stehen Abstimmungen bevor, welche die LGBTI+ Community betreffen, und welche ohne Frage erneut einen homophoben Abstimmungskampf mit sich bringen werden: Zum einen die Abstimmung über die Erweiterung der Anti-Rassismusstrafnorm, dann möglicherweise erneut über die Ehedefinition im Rahmen der CVP-Initiative, und auch eine Abstimmung über die Ehe für alle ist möglich.
Als erstes Land in Asien wird Taiwan gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit gegen, ihre Partnerschaft rechtlich abzusichern. Dies hat das Oberste Gericht des Landes bestimmt, und dies wird trotz Volksabstimmungs-Nein umgesetzt. Noch offen ist genau wie, wohl aber mit einem separaten Ehegesetz. Die Zeit drängt jedoch, denn im Mai läuft die von den Obersten Richtern des Landes gesetzte Frist für Marriage Equality ab, und sollte bis dahin keine Lösung im Parlament gefunden werden, dann tritt die Öffnung der Ehe automatisch in Kraft...