TUNESIEN: Regierung versucht erneut LGBTI+ Organisation zu schliessen

TUNESIEN: Regierung versucht erneut LGBTI+ Organisation zu schliessen
Bereits zum siebten Mal unternimmt die Regierung von Tunesien einen Versuch, die lokale LGBTI+ Organisation Shams zu verbieten. Obwohl ein Gericht die Regierung bereits 2016 zurückpfiff, suchen sie nach immer neuen Wegen um ihr Ziel zu erreichen. Am Freitag beginnen nun vor Gericht neue Anhörungen...

Als diskriminierend und juristische Schikane verurteilt die lokale LGBTI+ Organisation Shams das Vorgehen der Politik. Die Attacke habe keine rechtliche Basis und widerspiegle einmal mehr die Homophobie innerhalb der tunesischen Regierung, und deren Willen, die LGBTI+ Community zu diskriminieren und zu stigmatisieren, obwohl diese bereits äusserst unterdrückt wird. Ihr Engagement werde dadurch noch schwieriger, heisst es von Shams weiter, und es werde ein Umfeld von Angst und Spannung unter den Mitarbeitern, welche für die Organisation arbeiten, erzeugt.

Obwohl ein Gericht die Organisation im Jahr 2016 mit einem aufsehenerregenden Urteil unterstützte, sucht die Regierung Tunesiens nach immer neuen Wegen um Shams doch noch zu verbieten. Zuerst wurde die Organisation zwar für dreissig Tage verboten, doch das Gericht hob dieses Verbot kurze Zeit später wieder auf und erklärte, dass Shams nicht gegen das Gesetz verstosse. Gegen das Urteil von vor rund drei Jahren wurde aber Berufung eingelegt, und am Freitag, 2. Mai, beginnen nun erneut die Anhörungen von beiden Seiten. Es ist der bereits siebte Versuch der Regierung, die Organisation zu schliessen.

Wie Shams im Vorfeld erklärt, sei die Attacke der Regierung diesmal noch ernster, da erstmals die Scharia mit ins Spiel gebracht werde. Die Organisation soll zudem gegen das Versammlungsrecht verstossen. Da Homosexualität im Land verboten sei, verstosse es gegen geltendes Recht, wenn sich Organisationen wie Shams dafür einsetzen. Dass sie sich zudem für sexuelle Minderheiten stark machen, verstosse gegen die gesellschaftlichen, islamischen Werte, welche Homosexualität ablehnen und solch ausländisches Verhalten verbiete. Shams nennt als eines ihrer Ziele die Abschaffung des Artikel 230 im Strafgesetz, welcher homosexuelle Handlungen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft.

Der Druck auf die LGBTI+ Community in Tunesien nimmt stetig zu: Im Zuge des arabischen Frühlings und der damit verbundenen Revolution verschwanden bis auf Shams alle LGBTI+ Organisationen von der Bildfläche. Doch trotz dieser widrigen Umstände verfügt Tunesien über eine überraschend lebendige Community. Im Januar 2018 fand beispielsweise das erste LGBTI+ Filmfestival des Landes in der Hauptstadt Tunis statt. Seit 2018 hat die Zahl der Verhaftungen nach Artikel 230 aber wieder zugenommen, wie Shams berichtet: So waren es im vergangenen Jahr 127 Fälle, während es 2017 noch 79 waren. In diesem Jahr waren es bislang 22, soweit bekannt.