UK: LGBTI+ Veteranen wollen Ehren-Abzeichen (noch) nicht tragen
Homosexualität wurde in Grossbritannien im Jahr 1967 entkriminalisiert, doch bei den Streitkräften wurden queere Menschen trotzdem weiterhin verfolgt, und zwar sowohl in der Armee, der Marine wie auch in der Luftwaffe. Dort fiel das Verbot erst im Jahr 2000. Trotzdem dienten Tausende von queeren Menschen im Militär und damit ihrem Land, in der ständigen Angst entdeckt zu werden.
Es gibt unzählige Einzelschicksale aus dieser Zeit: So etwa über Stephen Close, der für vier Monate ins Militärgefängnis gesteckt wurde, weil ein Offizier herausfand, dass er einen anderen Mann geküsst hat. Dies geschah während er in den 1980er Jahren in Berlin stationiert war. Er musste sich dabei einem entwürdigen Verhör und einer erniedrigen körperlichen Untersuchung unterziehen lassen. Nach der Haft wurde er aus der Armee entlassen. Erst 2013 wurde es möglich, solche Einträge aus dem Register zu löschen. Er war ein gebrochener Mann, wie der heute 62-Jährige selber sagt, und konnte keinen Job mehr kriegen, weil der Eintrag als Sexualdelikt bezeichnet wurde.
Die Regierung in Grossbritannien arbeitet dieses dunkle Kapitel der queeren Geschichte derzeit auf und hat auch eine unabhängige Untersuchung eingeleitet, welche die Schicksale von 1’145 LGBTI+ Veteranen genauer untersucht hat. Entstanden ist ein erschütternder Bericht voller Fälle von Diskriminierung, Mobbing und Erpressungen, welcher für Tausende von Veteranen und ihre Erlebnisse steht. Als Abschluss listet der Bericht ingesamt 49 Vorschläge mit Forderungen und Massnahmen auf, welche durch die Politik nun umgesetzt werden solle. Eine dieser Massnahmen ist eine offizielle Entschuldigung mit einer Auszeichnung.
Während einer Zeremonie im Parlamentsgebäude in Westminster wurde nun den ersten LGBTI+ Veteranen, welche zwischen 1967 und dem Jahr 2000 gedient haben, ein Ehren-Abzeichen verliehen. Tragen werden es die Veteranen allerdings nicht - zumindest noch nicht. Dies erklärt auch Stephen Close. Er werde das Abzeichen erst tragen, wenn alle 49 Punkte aus dem Bericht erfüllt seien.
Weitere Vorschläge der unabhängigen Untersuchungskommission sind ein Mahnmal für LGBTI+ Veteranen, dieses wird bereits geplant, die Rückgabe aller Abzeichen und Medaillen, welche sie sich während ihren Dienstjahren verdient haben, und eine endgültige Klärung was ihre Rentenansprüche angeht. Weiter sollen auch finanzielle Entschädigungen ausbezahlt werden. Die Regierung hat dazu 50 Millionen britische Pfund, rund 55.5 Millionen Schweizer Franken, zur Auszahlung bereit gestellt. Bei geschätzten 4'000 Betroffenen, wie das National Audit Office mitteilt, würde dies pro Person rund 12'500 Pfund, rund 13'900 Franken, ausmachen.
Für Stephen Close ist dies deutlich zu wenig: Er sei im Alter von 20 Jahren verurteilt worden und er habe bis ins Alter von 50 Jahren als Straftäter gegolten. Er habe in dieser Zeit nichts sparen können und habe heute weder eine Rente noch Ersparnisse und habe noch nie Ferien gehabt. Er erreiche nun sein Rentenalter und er habe absolut nichts. Ihm seien nun 12'500 Pfund angeboten worden, so Close. LGBTI+ Veteranen haben schon viele, viele Beleidigungen erhalten, und dies sei nun eine weitere.
So wie ihm geht es noch vielen anderen queeren Veteranen, welche den Betrag als Beleidigung auffassen, wenn sie bedenken, wie ihr Leben durch die damaligen Gesetze buchstäblich zerstört wurde.