USA: Die Handelskammer und ihre zwielichtige Rolle in der Politik
Das Rennen um die Präsidentschaft in den USA ist gelaufen, auch wenn das noch nicht beide Seiten so sehen, doch die Entscheidung im Senat ist nach wie vor offen. Im US-Bundesstaat Georgia konnte keine*r der Kandidat*innen die nötige Mehrheit erreichen, wodurch nun ein zweiter Wahlgang nötig ist. Für die Republikaner treten Kelly Loeffler und David Perdue an, und für die Demokraten Raphael Warnock und Jon Ossoff. Und dabei geht es um sehr viel: Holen die beiden Demokraten die beiden Sitze im Senat, dann steht Gleichstand zwischen den Parteien, und damit liegt es bei Abstimmungen an Vize-Präsidentin Kamala Harris das Zünglein an der Waage zu spielen und den Stichentscheid zu liefern. Da die Demokraten bereits das Abgeordnetenhaus kontrollieren, könnten sie somit im Alleingang wichtige Gesetze durchbringen. Gewinnt zumindest ein Republikaner bei den Senatswahlen in Georgia, dann könnten sie, sofern sie jeweils geschlossen stimmen, erneut vieles blockieren - so auch zahlreiche von Biden angekündigte Vorstösse wie den Equality Act.
Letztere Option mit den Republikanern als Gewinner favorisiert offenbar auch die mächtige Handelskammer. Obwohl sie immer wieder ihre LGBTI+ freundliche Haltung hervorheben, haben sie nun rund 2 Millionen US-Dollar, rund 1.8 Millionen Schweizer Franken, in die Fernsehkampagne für Loeffler und Perdue gesteckt. Beide stehen für eine sehr konservative Haltung. So war es Loeffler, welche einen Gesetzesentwurf vorstellte, mit welchem Transmenschen im Sport nur noch bei jenem Geschlecht mitmachen dürfen, welches in ihrem Geburtszertifikat eingetragen ist. Perdue wiederum erhielt beim Rating der Human Rights Campaign 0 Punkte, wenn es um den Support von LGBTI+ Belangen geht. Entsprechend zwielichtig ist die Rolle der Handelskammer diesbezüglich: So unterstützt die Organisation zwar offen den Equality Act zum Schutz von queeren Menschen, gleichzeitig will sie aber vor allen Steuersenkungen für die Unternehmen erreichen, weshalb sie die Republikaner unterstützen, offenbar egal wie LGBTI+ feindlich sie sind.
Wenn man das letzte Jahrzehnt betrachtet, dann hat die Handelskammer sogar rund 100 Millionen US-Dollar, rund 90 Millionen Schweizer Franken, an republikanische Kandidaten gespendet. Dass bei den letzten Wahlen auch 24 Demokraten von der Handelskammer unterstützt wurden, löste gar eine Kontroverse innerhalb der Organisation aus. Im Gegensatz zu Loeffler und Perdue würden die beiden demokratischen Kandidaten bei den Senatswahlen in Georgia die Rechte von LGBTI+ unterstützen, doch sie wurden von der Handelskammer nicht mit Spenden bedacht. Dass die Rechte für LGBTI+ damit nicht weiter ausgebaut würden, da die Republikaner die Mehrheit im Senat halten könnten, wird damit offenbar von der Organisation als Kollateralschaden akzeptiert.