USA: Wird nun die Ehe für alle wieder rückgängig gemacht?
Es war eben dieses Oberste Gericht, welches nun das Recht auf Abtreibung aufgehoben hat, welches, wenn auch in anderer Zusammensetzung, im Jahr 2003 gleichgeschlechtliche Aktivitäten legalisiert und 2015 die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet hat. Diese wegweisenden Entscheidungen für die LGBTI+ Community sind nun allerdings so stark gefährdet, wie wohl noch nie zuvor.
Durch die Regierung Trump ist es den Republikanern und den konservativen Kräften gelungen, das Mehrheitsverhältnis dramatisch zu verschieben. Wohin das führen kann, zeigte sich nun am Freitag mit dem jüngsten Urteil: Ein Meilenstein für die Rechte der Frauen wurde aufgehoben, indem das Urteil "Roe v. Wade" aus dem Jahr 1973 wieder aufgehoben wurde, und es somit Bundesstaaten wieder erlaubt wird, Abtreibungen mittels Gesetzen entweder stark zu verschärfen oder gar ganz zu verbieten.
Mindestens 25 US-Bundesstaaten, so wird angenommen, könnten nun Abtreibungen massiv einschränken, und viele werden sie wohl vollkommen verbieten, und zwar unter allen Umständen, selbst bei Vergewaltigungen. In 13 Bundesstaaten könnten Abtreibungen sogar bereits per sofort illegal sein. Laut Menschenrechtsorganisationen sind von diesem Urteil des Supreme Courts geschätzte 36 Millionen Frauen direkt betroffen.
Diese nun mit 6 zu 3 erschreckend deutlich gefällte Entscheidung erhöht nun auch die Befürchtungen in der LGBTI+ Community, dass die Rechte queerer Menschen stark eingeschränkt respektive rückgängig gemacht werden könnten. Im Fall der Ehe für alle könnten die Gegner ähnlich vorgehen wie eben bei den Abtreibungen und einen Präzedenzfall schaffen, welcher schliesslich vor dem Supreme Court landen könnte.
Möglich wäre etwa, dass der Kongress in einem konservativen Bundesstaat ein Verbot der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verabschiedet, oder dass eine Behörde sich weigert eine gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen. Würden dann LGBTI+ Paare dagegen Klagen, dann würden die unteren, gerichtlichen Instanzen wohl zu Gunsten der Paare entscheiden, dies aufgrund der Basis des Supreme Court-Urteils von 2015. Kommt der Fall dann aber beim Obersten Gericht an, könnten die Richter auch dieses Urteil von damals kippen und es somit wieder den einzelnen Bundesstaaten überlassen, ob sie die Ehe für alle einführen oder verbieten wollen.
Dass es tatsächlich soweit kommen könnte, ist leider durchaus im Bereich des möglichen, doch es ist unklar, wie die Richter diesbezüglich befinden würden. Klar ist, dass Clarence Thomas, Samuel Alito und John Roberts die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auf nationaler Ebene wieder verbieten würden. Elena Kagan, Sonia Sotomayor, sowie die frisch bestätigte Richterin Ketanji Brown Jackson hingegen würden sich klar für die LGBTI+ Rechte aussprechen.
Offen ist aber, wie die drei Richter abstimmen würden, welche von Donald Trump eingesetzt wurden. Amy Coney Barrett ist eine streng gläubige Katholikin und wurde bereits vor ihrer Wahl von LGBTI+ Organisationen abgelehnt. Wie Brett Kavanaugh zu queeren Anliegen steht ist weitgehend unbekannt, doch er stimmte bereits gegen einen Diskriminierungsschutz für Arbeitnehmer auf Basis der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität. Neil Gorsuch hingegen könnte sich zu Gunsten von queeren Menschen aussprechen, wie er dies auch in der Vergangenheit schon gemacht hat - sicher ist dies allerdings nicht.
Clarence Thomas macht zumindest schon mal keinen Hehl aus seiner Ablehnung für die Ehe für alle, und so erklärte er, dass dieses Urteil aus dem Jahr 2015 als nächstes neu beurteilt werden müsse. Sie hätten die Pflicht, die Fehler in diesen Präzedenzfällen zu korrigieren. Die Befürchtungen, dass als nächstes Marriage Equality zum Ziel werden könnte, haben unter anderem auch schon US-Präsident Joe Biden und Alexandria Ocasio-Cortez geäussert.
Die nun veröffentlichte Entscheidung des Supreme Court über Abtreibungen wird die USA grundlegend verändern und dürfte die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreiben. Bekannte Politiker:innen und Celebrities meldeten sich bereits zu Wort und waren irgendwo zwischen wütend und schwer enttäuscht. So verurteilten etwa Michelle und Barack Obama das Urteil, ebenso wie Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez, Taylor Swift, Ellen DeGeneres, Hillary Clinton, Jessica Biel und Cher.