HINTERGRUND: Australiens Social Media-Verbot und die Auswirkungen auf LGBTI+ Jugendliche
Wer unter 16 Jahre alt ist kann in Australien seit dem 10. Dezember auf "legale" Art und Weise weder ein neues Profil auf einer der grossen Social Media-Plattformen einrichten, noch sein bestehendes weiter nutzen. Dies betrifft Instagram ebenso wie X, YouTube, TikTok, Snapchat, Threads, Reddit, Kick und Facebook. Diese Massnahmen werden in zahlreichen Ländern diskutiert, doch Australien hat dieses Verbot nun als erstes tatsächlich eingeführt.
Das Verbot zielt in erster Linie darauf ab, dass die grossen Social Media-Plattformen ihre Verantwortung zum Schutz der Jugendlichen wahrnehmen. So drohen ihnen bei Verstössen bis zu maximal 49.5 Millionen Australische Dollar an Bussen, dies sind rund 26.5 Millionen Schweizer Franken, etwa wenn sie keine wirksamen Massnahmen ergreifen. Es wird aber auch betont, dass weder Kinder noch Eltern oder andere Erziehungsberechtigte durch dieses Gesetz bestraft werden, sondern nur die Unternehmen.
Während das Verbot von vielen begrüsst wird, verbunden mit der Hoffnung, dass die Bildschirmzeit bei den Smartphones bei unter 16-Jährigen abnimmt, so warnen aber gerade auch LGBTI+ Organisationen davor, dass queere Jugendliche stark von dieser Massnahme betroffen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es quasi offline nicht genügend Einrichtungen und Ressourcen gibt, an welche sich diese Jugendlichen wenden können.
Gerade für sozial isolierte LGBTI+ Jugendliche, etwa in ländlichen Gebieten, waren diese Onlineplattformen eine wichtige Anlaufstelle und sie wurden intensiv genutzt. Dabei etwa in Bezug auf die psychische Gesundheit, aber auch um Kontakte zu knüpfen und Communities aufzubauen, was schlussendlich hilft um die eigene Identität zu finden und zu entwickeln.
Wie wichtig die Rolle der Social Media-Plattformen dabei ist, zeigt eine Studie von ReachOUT. Demnach wenden sich 73 Prozent der LGBTI+ Jugendlichen an die Sozialen Medien um sich Ratschläge oder Unterstützung in Bezug auf ihre psychische Gesundheit zu holen. Aus diesem Grund haben nun verschiedensten LGBTI+ Organisationen einen Leitfaden veröffentlicht um den betroffenen Jugendlichen zu helfen, damit sie auch ohne die Sozialen Medien Unterstützung erhalten und auf Hilfsangebote zugreifen können.
Darunter ist etwa die Plattform Minus18: Sie bietet online einen geschützen Raum an, der moderiert wird, wo queere Menschen chatten und ihre Interessen teilen, aber auch mit der Community in Kontakt bleiben können. Das Angebot richtet sich an Personen zwischen 12 und 19 Jahren.
Minus18 gibt zudem weiter auch Hilfestellungen für den Übergang: So soll man etwa seine Erinnerungen, welche man in den Sozialen Medien geteilt hat, speichern, etwa mit Screenshots. Weiter soll man sich mit den Freund:innen absprechen, um auch ohne Soziale Medien in Kontakt zu bleiben. Zudem soll man sich auch Adressen und Kontaktmöglichkeiten von Organisationen raussuchen, bei welchen man zuvor über die Sozialen Medien Rat gesucht hat. Dazu gehören unter anderem Project Rockit, Kids Helpline, QLife, Beyond Blue, ReachOut Australia, 13YARN und headspace.
Zwei Jugendliche haben aber auch zusammen mit der Organisation Digital Freedom Project eine Klage bei einem Obergericht eingereicht, um das Verbot wieder aufzuheben. Denn wenn es nach der Meinung junger Menschen geht, dann hat das Verbot einen schweren Stand: Laut einer breitangelegten Umfrage befürworten nur gerade neun Prozent diese Massnahme. Drei Viertel haben angegeben, dass sie das Verbot versuchen werden zu umgehen.
Australien ist aber nicht alleine mit dieser drastischen Massnahme: Auch in der EU ist die entsprechende Debatte lanciert. So gibt es bereits eine Resolution, welche angenommen wurde, welche es Kindern unter 13 Jahren grundsätzlich verbietet, Social Media zu nutzen. Bei Jugendlichen zwischen 13 und 16 soll es zudem nur erlaubt sein, wenn die Eltern explizit zustimmen.