HINTERGRUND: Queerfeindliche Inhalte nehmen auf den Meta-Plattformen zu
Es war im Januar, kurz bevor Donald Trump sein Amt antrat, als sich Mark Zuckerberg in einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit wandte und bekannt gab, dass er die Moderation seiner Plattformen aufheben werde, und dass künftig auch offen LGBTI+ feindliche Aussagen zulässig sind. So werden Posts und Kommentare nicht mehr gelöscht, welche queere Menschen offen als geisteskrank oder abnormal bezeichnen. Die Konsequenzen sind nun bereits spürbar.
Da Meta Daten in Bezug auf Hate Speech verschweigt, hat die LGBTI+ Organisation GLAAD reagiert und breit angelege User-Befragungen durchgeführt. Die Organisation überwacht Medien und Social Media bereits seit Jahren und hat breitabgestützte Erfahrungen diesbezüglich. Dabei hat es sich nach ersten Erkenntnissen gezeigt, dass Hassreden, Beleidigungen und Anfeindungen auf Basis der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität laut den Befragten zugenommen haben.
So erklärten rund 17 Prozent, dass sie bereits persönlich Hassrede auf Basis dieser beiden Kriterien erlebt haben. Rund ein Viertel der User erklärte zudem, dass sie schon allgemein mit Hass und Beleidigungen konfrontiert wurden. 92 Prozent der Befragen erklärten weiter, dass sie befürchten, dass der schädliche Inhalt auf den Plattformen seit Zuckerbergs Ankündigung zunehmen wird, und 72 Prozent erklärten zudem, dass sie auch tatsächlich mehr Hass gegen Minderheiten und besonders gefährdete Gruppen festgestellt haben.
Dies zeigt sich auch bei der Befragung einzelner Gruppen: So erklärten 78 Prozent der People of Color, 76 Prozent der Frauen und 75 Prozent der queeren Menschen, dass schädliche Inhalte ihrer Meinung nach zugenommen haben. Weitere 66 Prozent stellten fest, dass sie auch tatsächlich mehr Hassbotschaften und schädliche Posts in ihrem Feed haben, seit Meta die Richtlinien für Hassrede gelockert hat.
Diese Erlebnisse und dieses Gefühl sorgt auch dafür, dass sich queere Menschen auf den Meta-Plattformen wie Instagram und Facebook weit weniger sicher fühlen: So erklärten 92 Prozent, dass sie sich weniger geschützt und sicher fühlen, seit die Richtlinien angepasst wurden. Für 77 Prozent hat dies auch die Konsequenz, dass sie quasi Selbstzensur betreiben und sich weniger sicher darin fühlen, sich frei zu äussern.
Für die Umfrage hat GLAAD in Zusammenarbeit mit UltraViolet und All Out rund 7000 Personen aus ingesamt 86 Ländern befragt, wobei die Mehrheit aus den USA, Kanada und aus Grossbritannien kam. Sie wurden via eMail, sowie auch über die Sozialen Medien kontaktiert. GLAAD betont dabei, dass diese erhobenen Daten ausschliesslich intern erhoben wurden und auf Erfahrungen von Usern basieren. Es zeige jedoch klar, dass die neuen Richtlinien von Meta nicht zu mehr freier Meinungsäusserungen führen, sondern ein feindlicheres Umfeld für die ohnehin bereits gefährdetsten Gruppen schaffe.
Dass Zuckerberg die Moderation und die Kontrollmechanismen für seine Plattformen drastisch zurückgefahren hat, zeigen auch Reaktionen von Usern. So schreibt ein Nutzer gegenüber GLAAD, dass er in einer Nacht mindestens zehn Hasskommentare mit expliziten Morddrohungen gegen LGBTI+ bei Facebook gemeldet habe. In weniger als einer Minute habe er bereits die Rückmeldung von Meta erhalten, dass an den gemeldeten Kommentaren nichts verwerfliches zu finden sei, und dass sie deshalb auch online sichtbar bleiben werden.
Wie sich die von Zuckerberg angekündigten Änderungen auf die Leben queerer Menschen auswirken, zeigt sich auch anhand einzelner Beispiele, welche die Befragten geschildert haben. Ein User kritisiert, dass er kaum mehr Posts von Freund:innen sehe, sondern fast nur noch KI generierte Bilder, sexistische, transphobe oder gewalttätige Posts oder Werbung. Auch er erklärt, dass nicht mal Morddrohungen entfernt wurden, welche er ihnen gemeldet habe. Ein non-binärer User erklärt zudem, dass die Gewalt in den Sozialen Medien seit Januar stark angestiegen sei.
User aus anderen Länder, etwa aus Südamerika, berichten, dass die stärkere Verbreitung von queerfeindlichem Hass auf den Social Media-Plattformen auch direkte Konsequenzen in ihrem Alltag habe. So werden Gewaltvideos von Angriffen gegen queere Menschen online verbreitet, was Nachahmer zu ähnlichen Taten animiert.
Wie GLAAD schreibt, zeigen diese Beispiele, dass die Entscheidung von Meta, sowohl die Richtlinien in Bezug auf Hassrede zu lockern, wie auch die Faktenchecker abzuschaffen, unverzüglich zu verheerenden Folgen für LGBTI+ Menschen führe. Wenn es Meta erlaubt, ungehindert schädliche Inhalte zu verbreiten, dann verweigert das Unternehmen nicht nur Verantwortung zu übernehmen und User zu schützen, sondern, es wird auch aktiv eine Kultur des Hass und der Entmenschlichung toleriert. Damit habe sich Meta nicht nur von den eigenen Nutzungsbestimmungen verabschiedet, sondern sich auch von all jenen abgewandt, welche sie eigentlich schützen sollten.
GLAAD fordert nun Meta auf, eine unabhängige Studie in Auftrag zu geben um festzustellen, welche Auswirkungen die Änderungen der Richtlinien in Bezug auf Hassreden hatten. Je nach Resultat solle dann die Faktenprüfung wieder eingeführt werden, und zwar mit Einbeziehung der Zivilgesellschaft und politischen Akteure. Zudem sollen wieder Schutzmechanismen eingeführt werden, welche gerade marginalisierte Gruppen wie die LGBTI+ Community vor Hass schützen.
Die gesamte Studie kann unter folgendem Link nachgelesen werden: https://makemetasafe.org/