HINTERGRUND: Ist die Sex-Rezession der Gen Z tatsächlich Realität?
Die jungen Menschen von heute sollen prüder sein, weniger Sex haben und es ist sogar von einer „Sex-Rezession“ die Rede: Diese Gerüchte und Vorurteile geistern seit längerem über die Generation Z durchs Internet - doch was ist da dran? Laut mehreren Studien haben junge Menschen der Gen Z, also jene aktuell im Alter zwischen 14 und 30 Jahren, tatsächlich seltener Sex.
Die möglichen Erklärungen dafür gehen weit auseinander. Es ist von Nachwirkungen der Pandemie und den damals geltenden Abstandsregeln und Kontaktsperren die Rede, aber auch von einer generellen sozialen Entfremdung. Weiter werden auch die sozialen Medien dafür verantwortlich gemacht, Games, welche die soziale Isolation fördern sollen, aber aber auch Künstliche Intelligenz, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder auch die überall und immer verfügbaren Hardcore-Pornos auf den Online-Plattformen.
Während es also stimmt, dass die Gen Z generell gesehen tatsächlich seltener Sex hat, so gibt es aber auch eine Art, welche über die Jahre stetig zugenommen hat, nämlich Sex zwischen Männern. Dies geht aus dem aktuellen General Social Survey hervor, einer Umfrage rund um politische Ansichten, bis hin zu Familie und Gewohnheiten, wie etwa auch die sexuellen Vorlieben und die Orientierung. Da diese Umfrage bereits seit Jahrzehnten durchgeführt wird, ergibt sich ein guter Überblick über die Generationen.
Laut den neusten Auswertungen gaben 12 Prozent der Männer unter 30 Jahren an, dass sie seit ihrem 18. Lebensjahr bereits mindestens einen männlichen Sexualpartner hatten. Dies stellt ein neuer Rekordwert dar und bedeutet auch eine Verdoppelung seit Mitte der 1990er Jahre. Dabei zeigt sich auch, dass die Zahl über die Jahre stetig zugenommen hat, abgesehen von zwei kleineren Dellen anfangs der 1990er Jahre und anfangs der 2000er.
Dabei fallen aber auch zwei grössere Sprünge auf, und zwar kurz vor dem Millenium, sowie Anfang der 2010er Jahre. Den ersten Sprung erklären die Forschenden mit dem Aufkommen der Chatrooms, als die Kontaktaufnahme über das Internet plötzlich ganz einfach vom heimischen Computer aus möglich wurde, und dies erst noch mehr oder weniger anonym. Der zweite Sprung lässt sich zudem mit den Smartphones begründen, welche fortan mit ihren Apps unseren Alltag prägten.
Als Erklärung für diesen Trend nennen die Forschenden etwa die grössere Akzeptanz, denn die Haltung gegenüber queeren Personen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert und auch die Stigmatisierung wurde abgebaut. Ein weiterer Aspekt dürften aber auch die Kontaktmöglichkeiten spielen, wie die Sprünge bei der Verbreitung der Chaträume und der Dating Apps belegen. Damit wurde auch das "Experimentieren" gefördert und vereinfacht, denn was sich früher Nachts etwa in den Parks, an Autobahnraststätten und in öffentlichen WCs abspielte, verlagerte sich nun ganz einfach in die virtuellen Räume.
Dabei muss aber auch betont werden, dass diese Zahlen nicht bedeuten, dass es deshalb zwingend mehr schwule und bisexuelle Männer gibt. Dazu gibt es Begriffe wie "Boinking", "Homie Head" oder "Masc4Masc", welche hier quasi für das Experimentieren von heterosexuellen Männern mit dem gleichen Geschlecht benutzt werden.
Unter Boinking versteht man das "zusammen abhängen", sich treffen oder auch sich daten. Als Homie Head bezeichnet man wiederum Oralsex mit einem Freund ohne jedoch die Absicht auf eine romantische Beziehung zu haben. Dabei bleiben Beide weiterhin Freunde, ohne dass sich durch den Sex etwas an ihrer Freundschaft ändert. Die Freundschaft ist dabei enger als wenn es eine reine "Friends with Benefits"-Geschichte ist.
Wie sich dieser Trend aufgrund des aktuellen Backlash in Zukunft entwickelt, wird sich zeigen. In den USA nahm die Zustimmung für die Rechte queerer Menschen bei den Republikanern weiter ab, hält sich bei den Demokraten aber auf Rekordniveau. So beurteilen heute rund 70 Prozent der Amerikaner:innen gleichgeschlechtliche Beziehungen als moralisch akzeptabel, etwa gleich viele unterstützen dabei auch die Ehe für alle.
Im Gegenzug steigt insbesondere bei der Gen Z der Anteil der Erwachsenen stark an, welche sich als LGBTI+ identifizieren. So liegt dieser Anteil bei der gesamten US-Bevölkerung bei 9.3 Prozent, nur bei der Gen Z hingegen bereits bei 23.1 Prozent. Nur auf Männer runtergebrochen sind es 6 respektive 12 Prozent.