HINTERGRUND: Wie es mit dem Zürcher Pionierprojekt queerWohnen vorangeht
Es ist ein bislang einmaliges Pionierprojekt, welches queerAltern angestossen und nun zusammen mit der Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) und den Gesundheitszentren für das Alter (GFA) aufgegleist hat. Im Zürcher Quartier Albisrieden entstehen derzeit in der Siedlung Espenhof Alterswohnungen und Pflegeplätze, welche sich explizit an queere Menschen richten - ein Novum für die Stadt Zürich und für die ganze Schweiz.
Mit diesem Projekt unter dem Titel "Espenhof - Wir leben Vielfalt!" soll es künftig älteren Menschen mit einer queeren Biografie ermöglicht werden, in einem offenen und LGBTI+ freundlichen Umfeld selbstständig und preisgünstig in den eigenen vier Wänden zu leben, und bei Bedarf auch auf soziale und pflegerische Dienstleistungen zurückgreifen zu können. Pflegeplätze der Gesundheitszentren für das Alter ermöglichen zudem den niederschwelligen Übergang vom selbständigen Wohnen mit Dienstleistungen zum Wohnen mit Pflege und Betreuung rund um die Uhr. Insgesamt werden im nördlichen Teil der Siedlung Espenhof drei Neubauten erstellt, welche es ermöglichen, ein modernes Wohn- und Betreuungskonzept umzusetzen. Einer davon ist älteren Menschen vorbehalten, welche sich der LGBTI+ Community zugehörig fühlen.
Wir haben bei Barbara Bosshard vom Verein queerAltern Zürich und bei Joël Quirino von den Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich nachgefragt, wie die Bauarbeiten und die Umsetzung vorangehen, wie Du dich über die Erstvermietungen auf dem Laufenden halten kannst und wann die ersten queeren Menschen ihre Wohnungen oder einen Pflegeplatz beziehen können.
Im Jahr 2027 sollen die ersten Bewohner:innen von queerWohnen in den Espenhof in der Stadt Zürich einziehen: Wie läuft es mit dem Projekt und wie gehen die Bauarbeiten voran?
Barbara: Die Bauarbeiten für die visionäre Siedlung Espenhof Nord mit Alterswohnungen und Pflegewohngruppen, die teilweise für queere Menschen reserviert sind, verliefen nicht friktionslos und verzögerten sich. Grund dafür war die teilweise mangelhafte Tragfähigkeit von Fundationspfählen. Inzwischen wurde die Pfählung fertiggestellt, sodass die Tiefbauarbeiten laut Aussagen der Verantwortlichen bei der Stiftung für Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) voraussichtlich im Herbst 2025 abgeschlossen werden können. Aktuell rechnet die SAW damit, dass die Bauten per Ende 2027 bezogen werden können. Die baulichen Verzögerungen haben keinen Einfluss auf das Projekt "Espenhof – Wir leben Vielfalt!" der drei Kooperationspartnerinnen SAW, queerAltern und Gesundheitszentren für das Alter. Die gemeinsame Vision blieb stets lebendig und sämtliche Hintergrundarbeiten wurden laufend weitergeführt.
Könnt ihr alles so umsetzen, wie ihr es geplant habt?
Barbara: Als Präsidentin von queerAltern Zürich arbeite ich zusammen mit Vertreter:innen der SAW und der Gesundheitszentren für das Alter seit über einem Jahr am Betriebskonzept für den Espenhof Nord. Dieses formuliert, wie wir "Espenhof – Wir leben Vielfalt!" dereinst im Alltag umsetzen wollen. Wir arbeiten partnerschaftlich und bringen unsere Vorstellungen für ein gutes, wertschätzendes und diskriminierungsfreies Zusammenleben aller Bewohnenden – queere und nicht queere – ein. Uns liegt enorm viel daran, dass ein Modell eines guten, sich gegenseitig stützenden Zusammenlebens entsteht, auf das wir alle stolz sein können.
Neben rund 26 1½- bis 3½-Zimmer-Wohnungen und Studios wird auch ein Grossteil der 23 Plätze in den drei Pflegewohngruppen für LGBTI+ reserviert sein: Sind die Wohnungen bereits vermietet und die Pflegeplätze bereits vergeben? Welche Auswahlkriterien werden berücksichtigt?
Barbara: Da die Alterswohnungen nach neustem Wissensstand erst Ende 2027 bezogen werden, ist es für eine Ausschreibung noch zu früh. Denn im Alter können unverhoffte Veränderungen eintreten, die ein selbständiges Wohnen dannzumal unmöglich machen. Für die Ausschreibung bzw. für die Bewerbung für die Wohnungen gelten die allgemeinen Vermietungs-Bestimmungen der SAW. Für die Wohnungen, die für queere Menschen vorgesehen sind, müssen die Interessierten zudem eine queer geprägte Biografie mitbringen.
Joël: Auch für die Vergabe der 23 Plätze in den drei Pflegewohngruppen der Gesundheitszentren für das Alter ist es noch zu früh. Die Pflegeplätze am Standort Espenhof sind gedacht für Menschen mit einer queer geprägten Biografie. Zudem werden die Leistungen der Pflegewohngruppen Espenhof vom städtischen Amt für Zusatzleistungen zu AHV/IV anerkannt. So ist gewährleistet, dass das Angebot unabhängig von der finanziellen Lage für alle Einwohner:innen der Stadt Zürich zugänglich ist.
Gibt es eine Warteliste und wie ist das Vorgehen?
Barbara: Anfangs Oktober 2024 hat die SAW die Warteliste für Ihre Wohnungen abgeschafft. Die Wohnungen werden auf der Vermietungs-Seite und im Vermietungs-Newsletter der SAW sowie im Tagblatt der Stadt Zürich öffentlich ausgeschrieben. Die SAW wird zur gegebenen Zeit darauf hinweisen, dass sich Interessierte nun auch für den Espenhof bewerben können.
Wie ist die Unterstützung der Stadt Zürich und die Zusammenarbeit mit queerAltern bei diesem Projekt?
Barbara: Alle Involvierten in allen dafür bestellten Arbeitsgruppen arbeiten partnerschaftlich und professionell zusammen. Sowohl die SAW als auch die Gesundheitszentren für das Alter und queerAltern Zürich bringen ihr Wissen ein, so dass die Umsetzung letztlich unser aller Ansprüche entspricht und das Pionierprojekt "Espenhof – Wir leben Vielfalt!" anderen Städten als Vorbild dienen kann.
Ich denke, das Interesse wird enorm gross sein. Habt ihr bereits Pläne für weitere solche Angebote in Zürich oder auch in anderen Städten?
Barbara: Der Zürcher Verein queerAltern hat einen Vorstand mit 8 Menschen, die alle freiwillig tätig sind. Solche Mammutaufgaben, die für die Umsetzung Jahre brauchen, wie beispielsweise für die Umsetzung des Espenhof-Konzepts sind zeitintensiv und benötigen auch ein gutes Netzwerk. Daher braucht es wie in Zürich auch andernorts lokale Initiativen und Bedürfnisse. Es braucht Menschen, die lokal verankert sind, um eine solche oder eine ähnliche Idee umzusetzen. Es benötigt genügend "Atem", um so etwas Grosses anzugehen und bei der Realisierung mitzuwirken.
Herzlichen Dank für euer Engagement!
queerAltern Zürich:
Der Verein gibt es seit 2014 und er hat mittlerweile bereits rund 500 Mitglieder. queerAltern geht es darum, ältere queere Menschen sichtbar zu machen und die Community, aber auch die Gesellschaft im Allgemeinen für ihre Anliegen zu sensibilisieren. Der Verein versteht sich als Drehscheibe zwischen Zivilgesellschaft, Institutionen und Verwaltung. Dabei initiieren sie Projekte für das Wohnen im Alter sowie queer-gerechte Pflege und Betreuung. Inzwischen gibt es neben Zürich auch Gruppen in Basel und in Bern.
Barbara Bosshard ist Präsidentin von queerAltern Zürich.
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Barbara Bosshard
Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich:
Wohnen, Pflege und Beratung aus einer Hand, dafür stehen die Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich - von selbstständigem Wohnen über betreutes Wohnen bis hin zum Leben in einer überschaubaren Pflegewohngruppe. Dazu sind die Gesundheitszentren an über 40 Standorten vertreten und verfügen somit über das umfassendste Angebot für Wohnen und Pflege in der ganzen Stadt Zürich.
Joël Quirino ist Fachspezialist Kommunikation der Gesundheitszentren für das Alter der Stadt Zürich.
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Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW)
Die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) betreibt auf städtischem Gebiet mehr als 30 Siedlungen mit rund 2000 bezahlbaren Wohnungen für Menschen ab 60 Jahren. Sie unterstützt ihre Mieter:innen mit alltagsnahen, sozialen und pflegerischen Dienstleistungen und ermöglicht ihnen dadurch eine hohe Lebensqualität bis ins hohe Alter. Ihr vielfältiges soziokulturelles Angebot unterstützt den Aufbau nachbarschaftlicher Kontakte und ein aktives Siedlungsleben.
Die SAW wurde 1950 gegründet. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit, administrativ ist sie dem Gesundheits- und Umweltdepartement der Stadt Zürich angegliedert. Die Stiftung beschäftigt rund 160 Mitarbeiter:innen in den Bereichen Infrastruktur und Unterhalt, Spitex und Sozialdienst, Soziokultur, Bau und Entwicklung, Finanzen und Vermietung sowie Administration.
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