Unmasked: "Wir haben eine Postkarten-Aktion mit unseren Bewohner*innen im Almacasa gestartet."
Kannst Du Dich selber kurz vorstellen.
Mein Name ist Vincenzo Paolino, ich bin 55 Jahre alt und seit vielen Jahren im Bereich Betreuung und Pflege tätig. In den 1990er-Jahren war dies im Aids-Hospiz "Anker-Huus" und danach im Altersbereich. 2008 gründete ich mit meiner Geschäftspartnerin die Beratungsfirma Spectren. Daraus entstand mit den Jahren unser Angebot "Almacasa - selbstbestimmt umsorgt." Daneben war ich stets in der queeren Community engagiert, sei dies beim Verein "CSD", bei queerAltern oder auch als Bar-Man im Techno-Club "Aera". Mit meinem Mann Jürg und unserer Hündin Amy fühle ich mich gesegnet.
Wie bist Du von der aktuellen Lage selber betroffen? Wie gehst Du damit um?
Als Mit-Inhaber und Geschäftsleiter von Almacasa bin ich - zusammen mit Liliane Peverelli - dafür verantwortlich, dass der Rahmen, in dem unsere Mitarbeitenden tätig sind, stimmt. Dazu gehört die stufengerechte und kontinuierliche Information über die neusten Entwicklungen, Vorgaben und deren Umsetzung in den Almacasa-Betrieben. Wir geben Bewohnenden, Angehörigen, den Führungspersonen und den Mitarbeitenden dadurch Halt und Orientierung in einer Ausnahmesituation.
Dazu müssen wir gedanklich immer einen oder zwei Schritte voraus sein. Zum Beispiel fragen wir uns mit der externen Fachperson für Hygiene: "Was passiert, wenn wir einen ersten Corona-Fall haben?" (Es gab keinen bisher.) "Wie setzen wir Schutzmaterial bewusst und sorgfältig ein?" (Zum Beispiel: Gesichtsmasken nur bei bestimmten Verrichtungen tragen genügt vollkommen.) "Wo kaufen wir jetzt weiteres Schutzmaterial ohne einem Wucherer auf den Leim zu gehen?" (Ist eine Herausforderung.)
Als Mitarbeiter in einem Altersheim: Wie hat sich dein Alltag verändert?
Ich darf sagen, dass sich für die Mitarbeitenden des Almacasa bisher, mit Ausnahme des Besuchsverbots für An- und Zugehörige, nicht viel verändert hat. Weiterhin steht die Gestaltung eines möglichst abwechslungsreichen und "normalen" Tagesablaufs für die Bewohnenden im Vordergrund. Sehr konsequente Händehygiene, physische Distanz halten, wenn immer möglich, sowie eine gute Teamstimmung sind dafür unerlässlich. Zudem erzählen uns Bewohner auch von ihren Erfahrungen aus den Zeiten als es noch nicht alles im Überfluss gab. Das regt uns an zum Nachdenken, und wir können von ihnen lernen.
Durch die aktuelle Situation hat sich der Umgang mit unseren Mitmenschen drastisch verändert: Wie spürst Du dies gerade auch im Umgang mit den Bewohner*innen im Altersheim, deren Familien oder auch mit den anderen Mitarbeitenden?
Es gab am Anfang einige Fragen wegen des Besuchsverbots, aber das hat sich gelegt. Wir informieren die Angehörigen einmal pro Woche per Post über Neureungen und die Stimmung der Häuser, und das kommt sehr gut an. Dazu haben wir eine "Postkarten-Aktion" gestartet: Jede*r Bewohner*in konnte sich eine frankierte Postkarte aussuchen, die sie dann - auf Wunsch mit Hilfe - an die Angehörigen geschrieben und versandt haben. Das war etwas, das an ihrer Lebenswelt von früher anknüpft und zum Kontakt einlädt.
Was wünscht Du Dir von uns allen und was würdest Du uns gerne mit auf den Weg geben?
Ich wünsche mir, dass Alle sich an die derzeit gültigen Regeln halten, um weitere Infektionen auf eine längere Zeit zu verteilen. Von der Politik wünsche ich mir weiterhin gute Information und weise, faktenbasierte Entscheidungen.