INDIEN: Wegweisendes Urteil anerkennt LGBTI+ Familien an

INDIEN: Wegweisendes Urteil anerkennt LGBTI+ Familien an
Indien wandelt sich derzeit schnell was die Rechte für queere Menschen angeht: Erst vor vier Jahren hat Indien gleichgeschlechtliche Aktivitäten legalisiert, und jetzt erklärte das Oberste Gericht des Landes in einem historischen Urteil, dass LGBTI+ Familien nicht benachteiligt werden dürfen und das Recht auf die gleichen Sozialleistungen wie traditionelle Familien haben.

Eigentlich hatte die Klage vor dem Obersten Gerichtshof Indiens nicht explizit etwas mit Regenbogenfamilien oder gleichgeschlechtlichen Paaren zu tun, doch die Richter gingen soweit, dass sie LGBTI+ Paare gleich mit ins Urteil aufnahmen - und auch dadurch erhielt ihre Entscheidung eine historische Tragweite.

Geklagt hat nämlich eine Frau, welche Mutterschaftsurlaub für ihr erstes biologisches Kind erhalten wollte. Dieser wurde ihr aber verweigert, da sie zuvor bereits eine dafür bestimmte Auszeit beantragte, um sich um ein Kind aus einer früheren Ehe ihres Ehemannes zu kümmern, welches sie adoptiert hat.

Das nun verfasste Urteil nutzen die beiden Supreme Court-Richter DY Chandrachud und AS Bopanna nun dazu, um ebenso LGBTI+ Paare, sowie auch alleinerziehende Eltern, Stiefeltern und Adoptivfamilien miteinzubeziehen und sie rechtlich abzusichern. Mit anderen Worten: „Traditionelle Familien“ sollen gleich abgesichert werden wie „nicht traditionelle Familien“, denn das Gesetz dürfe nicht dazu dienen, um gewisse Familien zu benachteiligen.

So erklärten die Richter explizit, dass auch zusammenlebende, unverheiratete, sowie auch queere Beziehungen als Familien angesehen werden sollen. Im Land würden viele Familienkonstellationen nicht dem „traditionellen Familienbild“ entsprechen. Wenn man dies nicht sehe, dann ignoriere man, dass sich Familienstrukturen verändern können, und dass viele Familie von vornherein nicht diesen Erwartungen entsprechen. Aus diesem Grund hätten alle Familien das Recht auf die gleichen Sozialleistungen wie etwa dem Mutterschaftsurlaub.

Das Oberste Gericht Indiens zeigte sich in jüngster Zeit oftmals überraschend progressiv und hat in einer ganzen Reihe an Urteilen jeweils auch gleichgeschlechtliche Paare und die LGBTI+ Community miteinbezogen. So forderte das Gericht im vergangenen Jahr bereits die Politik auf, einen Diskriminierungsschutz für queere Menschen einzuführen. Ignoranz dürfe keine Rechtfertigung für Diskriminierung sein, erklärten die Richter damals.

Erst im Jahr 2018 haben die Obersten Richter in einem historischen Urteil die noch aus britischer Kolonialzeit stammende Section 377 im indischen Strafgesetz aufgehoben, welche gleichgeschlechtliche Aktivitäten unter Männern mit bis zu zehn Jahren Haft strafbar machte.