INDIEN: Wichtige Hindu-Organisation unterstützt Rechte für LGBTI+
Das Politsystem der grössten Demokratie der Welt ist kompliziert: Die Bharatiya Janata Party (BJP) und deren Premierminister Narendra Modi stellen zwar die Regierung, doch der Ursprung der Partei liegt bei der Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), einer mächtigen Hindu-Organisation, welche nach wie vor quasi als Mutterorganisation der Partei mächtig Einfluss hat. Deren Vorsitzender Mohan Bhagwat hat nun in einem Interview seine Unterstützung für die Rechte queerer Menschen ausgesprochen, und dies just zu einem Zeitpunkt, während dem das Oberste Gericht des Landes die Öffnung der Ehe behandelt.
In einem der Organisation nahestehenden Magazin erklärte Mohan Bhagwat, dass queere Menschen ihren eigenen Ort im Privaten wie in der Gesellschaft haben sollten, denn schliesslich seien sie auch Menschen und haben das Recht wie alle anderen zu leben. Dabei nutzt er Zitate aus hinduistischen Schriften. Ohne für grosses Aufsehen zu sorgen, habe man auf menschliche Art und Weise einen Weg gefunden, ihnen zu gesellschaftlicher Akzeptanz zu verhelfen. Damit spricht er unter anderem die Entscheidung des Obersten Gerichtshof im Jahr 2018 an, als gleichgeschlechtliche Aktivitäten legalisiert wurden.
Die Aussage von Mohan Bhagwat hat durchaus Gewicht in Indien, denn die Organisation Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) hat Millionen von aktive Mitglieder im ganzen Land und gute Verbindungen zur Politik. So wird es der RSS zugeschrieben, dass Premierminister Narendra Modi damals an die Macht kam. Gut möglich, dass die RSS ihre Verbindungen nun erneut einsetzt um auch in dieser Angelegenheit auf Modi Einfluss zu nehmen. Die Regierung hat sich derzeit stets geweigert, in Bezug auf die Ehe für alle Stellung zu beziehen und vorwärts zu machen.
Es ist auch sehr mutig, dass Bhagwat und die RSS derart offen Stellung bezogen haben, denn die Rechte für queere Menschen sind in Indien nach wie vor ein grosses Tabu. Politisch wagt kaum jemand Stellung für die LGBTI+ Community zu beziehen, denn zu gross ist die Angst vor Stimmverlusten an der Wahlurne. Aus diesem Grund wurden die bisherigen Erfolge in Bezug auf die Rechte für queere Menschen meist über die Gerichte erzielt.
Aktuell sind Anträge von schwulen Paaren vor dem Obersten Gericht hängig. Sie fordern das Recht auf Ehe um sich rechtlich absichern zu können, etwa in Bezug auf das Erben, die Rente, die gesundheitliche Versorgung oder auch die Adoption. Die ersten Anhörungen haben vor wenigen Tagen stattgefunden und sollen in März weitergeführt werden.