POLEN: Bevölkerung sehr viel LGBTI+ freundlicher als die Politik

POLEN: Bevölkerung sehr viel LGBTI+ freundlicher als die Politik
Geht es um die Politik, dann ist Polen für LGBTI+ das schlimmste Land in der Europäischen Union. Befragt man hingegen die Bevölkerung, dann sieht alles ziemlich anders aus, wie eine aktuelle Umfrage nun zeigt. Dann gibt es nämlich überraschende Mehrheiten bei den meisten Anliegen in Bezug auf die Rechte für queere Menschen…

Für eine Umfrage wurde die Bevölkerung in Polen in Bezug auf ihre Ansichten zu LGBTI+ Themen befragt. Dabei zeigte sich, dass die Bevölkerung im Vergleich zur Politik sehr viel offener und liberaler ist. So wird der Hass vor allem von der politischen Führung im Land geschürt, denn ginge es nach der Bevölkerung, wären offenbar sogar die Ehe für alle und Regenbogenfamilien durchaus mehrheitsfähig.

So erklärten 58 Prozent der Befragten, dass auch gleichgeschlechtliche Paare als Familie angesehen werden sollen, und zwar auch wenn sie keine Kinder haben. 65 Prozent wiederum waren der Meinung, dass wenn sie mit Sicherheit wissen, dass sich Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, genau gleich entwickeln wie Kinder, die bei heterosexuellen Paaren aufwachsen, dass sie dann nichts gegen solche Familien einzuwenden hätten. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren, welche ein adoptiertes Kind bei sich aufnehmen, sind es 59 Prozent, welche dies als Familie akzeptieren würden

77 Prozent befürchteten zudem, dass Kinder, welche bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, von anderen gehänselt werden. Fast ebenso viele, nämlich 76 Prozent, finden aber gleichzeitig, dass die Gesellschaft diese Kinder vor Beschimpfungen und Beleidigungen schützen müsse.

Ebenfalls 65 Prozent der Befragten gaben an, dass ein biologischer Elternteil, der ein Kind mit einem gleichgeschlechtlichen Partner, respektive einer gleichgeschlechtlichen Partnerin aufzieht, auch als Familie definiert werden soll. 56 Prozent waren zudem der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit haben sollen, heiraten zu dürfen, insbesondere auch zur Absicherung von Kindern, damit diese beispielsweise nicht zu Pflegeeltern kommen, wenn der biologische Elternteil sterben sollte. Nur gerade 29 Prozent waren dagegen und 15 Prozent hatten sich diesbezüglich noch keine Meinung gebildet.

Nach ILGA Europe ist Polen das schlimmste Land für LGBTI+ in der Europäischen Union. Aktuell sind es nur sechs Länder in der EU, darunter eben auch Polen, welche weder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare noch ein Partnerschaftsgesetz kennen. In Polen leben derzeit rund 50'000 Kinder in Regenbogenfamilien.

Verantwortlich für die Befragung war ABR Sesta, welche die Umfrage im Namen der LGBTI+ Organisation Miłość Nie Wyklucza, zu Deutsch: Liebe schliesst niemanden aus, durchgeführt hat. Für die Umfrage wurde eine Gruppe von 1002 Frauen und Männer, welche sich repräsentativ für Polen zusammensetzt, befragt. Die Befragung fand zwischen Juli und August 2021 statt und die Teilnehmenden waren im Alter zwischen 18 und 65.