POLEN: Präsident der Regierungspartei sieht bei LGBTI+ eine nationale Bedrohung
Es war eine wahre Schimpftirade, an Homophobie kaum zu überbieten, welche Jarosław Kaczyński an einer Lesung vom Stapel liess. Die LGBTI+ Bewegung sei eine Attacke gegen die Werte Polens. Man habe es mit einem direkten Angriff auf die Familie und auch Kinder zu tun, eine Sexualisierung der Kinder, so der Politiker. Homosexualität sei importiert, und bedrohe heute tatsächlich die Identität, die Nation, und wenn man es weiterspinne, dann auch den polnischen Staat.
Bereits als der Bürgermeister der Hauptstadt Warschau, Rafał Trzaskowski, im Februar eine Deklaration unterzeichnete, welche 12 Punkte für mehr Rechte für die LGBTI+ Community vorsah, kochte Kaczyński. Dies sei eine grosse Gefahr, und zwar eine Attacke gegen die Familie, ausgeführt auf die schlimmst mögliche Weise, weil es nämlich vor allem auf die Kinder abziele. Mit der Deklaration sprach sich der Bürgermeister unter anderem für LGBTI+ inklusiven Schulunterricht aus, oder für die Eröffnung eines Hostels für Jugendliche, welche von ihren Eltern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität auf die Strasse gesetzt wurden.
Das gefährliche an den Aussagen von Jarosław Kaczyński ist, dass er als mächtigster Mann in Polen gilt, obwohl er eigentlich „nur“ noch der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit ist. Die Partei stellt aktuell sowohl den Präsident des Landes, wie auch den Ministerpräsident. Auf beide übt Kaczyński grossen Einfluss aus und gilt als eigentlicher Staatslenker. Die Partei ist äusserst konservativ und beruft sich immer wieder auf die christlichen Werte, zudem sind sie sehr EU-kritisch. Jarosław Kaczyński war von 2006 bis 2007 selber Ministerpräsident, ist unverheiratet und lebte mit seiner Mutter in Warschau, bis diese 2013 verstarb. Sein Zwillingsbruder Lech Kaczyński kam 2010 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Er war damals Staatspräsident von Polen.