RUSSLAND: Bolschoi-Theater streicht Nurejew-Aufführungen
Rudolf Nurejew wuchs in der ehemaligen Sowjetunion auf und wurde zum wohl besten Tänzer des 20. Jahrhunderts, und ab dessen zweiter Hälfte war er der bekannteste Star des klassischen Balletts. Er trat in den renommiertesten Häusern der Welt auf, darunter auch im Opernhaus Zürich. Zu seiner ursprünglichen Heimat hatte er ein zwiespältiges Verhältnis. Da er 1961 nach Frankreich zog, verlor er die sowjetische Staatsbürgerschaft, was sein Leben komplizierter machte.
Nurejew lebte erst während vieler Jahre mit dem Tänzer Erik Brun in einer offenen Beziehung, danach mit dem Amerikaner Robert Tracy, ebenfalls Tänzer und Historiker. Nurejew starb schliesslich im Jahr 1993 an den Folgen von Aids. Genau diese Lebensumstände sind Russland und dem Kreml heute ein Dorn im Auge, und deshalb sind Werke rund um Nurejew heute mitunter umstritten.
Um den Balletttänzer zu Ehren hat Kirill Serebrennikov für das renommierte Bolschoi-Theater in Moskau unter dem Titel Nurejew eine besondere Aufführung inszeniert. Eigentlich hätte die Premiere bereits im Jahr 2017 stattfinden sollen, doch der russische Kulturminister Wladimir Medinskij hat damals höchstpersönlich interveniert und eine Verschiebung beantragt. Angeblich soll er „schwulen Propaganda“ gewittert haben. Medinskij bestritt jedoch stets, sich dahingehend geäussert zu haben, lieferte aber auch keine andere Begründung.
Im vergangenen Jahr sollte das Stück dann endlich zur Aufführung kommen, da sich Kirill Serebrennikov aber öffentlich gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gestellt hat, wurden seine Produktionen und sein Name kurzerhand erneut aus dem Programm gestrichen. Damit verzögerte sich die Uraufführung von "Nurejew" einmal mehr.
Und nun kam erneut die Politik dazwischen: Da Vladimir Putin Ende des vergangenen Jahres die Verschärfung des Anti-LGBTI+ Propagandagesetzes unterzeichnet hat und es damit in Kraft treten liess, wurde das Stück nun - wohl endgültig - gestrichen. Wladimir Urin, der Generaldirektor des Bolschoi-Theaters, begründete seine Entscheidung als Reaktion auf eben dieses Gesetz. Es sei nur logisch, dass sein Theater die Aufführung absage, weil dieses Gesetz unterzeichnet wurde, erklärte er in einer Stellungnahme.
Das verschärfte Anti-LGBTI+ Propagandagesetz verbietet sämtliche Inhalte und Darstellungen mit Bezug auf queere Themen. Während dies früher nur galt, wenn Minderjährige damit in Kontakt kommen könnten, so gilt es nun in allen Lebensbereichen und für jedes Alter.