THAILAND: Schwuler Student leitet neu aufgeflammte Protestbewegung

THAILAND: Schwuler Student leitet neu aufgeflammte Protestbewegung
Es war ein simpler Kuss mit seinem Freund, mit welchem Tattep Ruangprapaikitseree im vergangenen Dezember vor dem thailändischen Parlament für die Ehe für alle kämpfte und damit die konservativen Kräfte im Land in Rage versetzte. Nun steht der Student am Kopf einer wachsenden Protestbewegung, mit welcher mehr Demokratie im Land gefordert wird.

Er sei selber verwirrt darüber, wie er plötzlich in diese Position kam, erklärt Tattep Ruangprapaikitseree, denn begonnen hat alles mit einem simplen Kuss. Vor dem Parlament fand im vergangenen Dezember eine Demonstration statt, mit welcher die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gefordert wurde. Der 23-Jährige küsste damals seinen Freund und fand sich urplötzlich im Zentrum der politischen Debatte wieder. Das Bild des schwulen Paars erzürnte damals nämlich die konservativen Politiker und sorgte auch in den Sozialen Medien für mächtig Wirbel.

Nun sind erneut Demonstrationen aufgekeimt, doch es geht um ganz fundamentalere Rechte, nämlich um mehr Demokratie in Thailand. Die vor allem von Studenten geführten, aber mittlerweile auch ausgeweiteten Demonstrationen fordern die Regierung heraus, welche derzeit durch die Armee und den Königspalast dominiert wird. So soll der aktuelle Premierminister Prayuth Chan-ocha, der nach dem Putsch die Regierungsgeschäfte übernahm, unvermittelt abgesetzt werden, um den Weg für Neuwahlen zu bereiten. Weiter soll auch eine neue Verfassung ausgearbeitet werden, die Bedrohung und Einschüchterung von Aktivisten soll sofort aufhören und die Macht von König Maha Vajiralongkorn soll ebenfalls eingeschränkt werden.

Im Zentrum dieser neuen Demonstrationen ist Tattep mit seiner Free Youth Movement, welche wenig später in Free People Movement umbenannt wurde. Seit im Juli 2500 Personen zusammengekommen sind, kommt es praktisch täglich zu neuen Protesten. Am 16. August waren es gar über 10'000 Teilnehmer, vor denen Tattep sprach. Noch toleriert die Regierung diese offiziell, und vom Königshaus gibt es bislang keine offizielle Stellungnahme. Doch das Risiko gerade für die Anführer der Bewegung ist gross. Ende August wurde Tattep und sein Freund Panumas Singprom zusammen mit rund einem dutzend weiterer Aktivisten verhaftet. Sie wurden kurz darauf auf Kaution wieder freigelassen. Auch diese Verhaftung werde ihn nicht stoppen, erklärte Tattep darauf.

Die Forderungen von Tattep sind weit weniger radikal als die von anderen Studentenbewegungen im Land. So fordert er mit 10 Punkten eine Reform der Monarchie, doch viel wichtiger sei noch eine Änderung der Verfassung. Diese Forderungen sind äusserst mutig, hat Thailand doch eines der schärftsten Gesetze für Majestätsbeleidigung. Auch noch nicht vergessen sind die blutigen Proteste vor 2014 in den Strassen von Bangkok, welche das Land während Wochen lähmten.

Ob die Bewegung tatsächlich etwas erreichen kann, wird die Zukunft zeigen. Für Panumas ist klar, dass er nicht alt werden wolle und von seinen Kindern dann einmal hören möchte, "Als das Land Ungerechtigkeiten erlebte, was hast Du damals gemacht?" Auch Somrak Ruangprapaikitseree, der Vater von Tattep, unterstützt seinen Sohn, denn es ginge schliesslich auch um das Land. Trotzdem macht er sich auch Sorgen um Tattep, besonders als er verhaftet wurde, oder wenn er an die grossen Demos geht, welche schnell in Gewalt ausarten könnten, falls das Militär oder die Polizei einmal eingreifen sollte...