UK: Doch kein Verbot von Konversionstherapien?

UK: Doch kein Verbot von Konversionstherapien?
Seit Jahren verspricht die britische Regierung ein Verbot von Konversionstherapien aufzugleisen, an vorderster Front unter den Befürwortern auch Premier Boris Johnson. Nun ist jedoch ein offizielles Sitzungsdokument an die Öffentlichkeit gelangt - und in der LGBTI+ Community beginnt es mächtig zu brodeln…

Schon vor Theresa May war es immer wieder Thema, die britische Premierministerin verfolgte es damals ab 2018 ernster, und auch ihr Nachfolger Boris Johnson hat mehrfach öffentlich versprochen, dass Grossbritannien demnächst ein Verbot der LGBTI+ feindlichen Konversionstherapien einführen werde. Auch vertiefte Konsultationen und Beratungen wurden bereits vorgenommen, um einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, und sogar Queen Elizabeth hat das Verbot in ihrer Rede im britischen Parlament im Mai 2021 erwähnt.

Nun ist jedoch ein internes Sitzungsprotokoll an die Öffentlichkeit gelangt, welches aufzeigt, dass Johnson eingewilligt hat, die Pläne für ein explizites Verbot aufzugeben. Die Regierung hat die Echtheit dieses Dokuments mittlerweile bestätigt und erklärt, dass man zum Schluss gekommen sei, zu versuchen, das bereits existierende Gesetz so anzupassen, dass Konversionstherapien nicht mehr erlaubt sein werden. Dies sei effektiver, liess ein Regierungssprecher diesbezüglich verlauten, und es sei der schnellst mögliche Weg um das Ziel zu erreichen.

Offenbar war nicht einmal Gleichstellungsministerin Liz Truss in die Pläne eingeweiht gewesen. Sie kündigte damals im Juni 2020 an, dass die Regierung vertiefte Konsultationen unternommen habe. Nur einen Monat später versprach Johnson ein Verbot dieser Praktiken. Er nannte Konversiontherapien damals absolut abscheulich, und solche Methoden dürften keinen Platz in einer zivilisierten Gesellschaft und auch keinen Platz in diesem Land haben.

Dass diese Kehrtwende für viel Unmut bei LGBTI+ Organisationen sowie bei gewissen Parlamentarier:innen sorgen werde, steht ebenso im Protokoll geschrieben, welches durchgesickert ist. Und damit hatte die Regierung recht. Man fühle sich angelogen und betrogen, erklärte beispielsweise der wohl bekannteste LGBTI+ Aktivist Grossbritanniens, Peter Tatchell, in einer ersten Stellungnahme. Dieser Schritt sei ein abscheulicher und unerhörter Betrug an der LGBTI+ Community. Der Premierminister wolle lieber die religiösen Homophoben, welche diese gefährlichen und schädlichen Praktiken anbieten, zufriedenstellen, als das Wohlergehen der ohnehin gefährdeten LGBTI+ zu schützen, so Tatchell weiter. Dies sei ein weiteres Versprechen, welches von der Regierung Johnson gebrochen wurde.

Auch die Organisation Stonewall UK zeigte sich empört: Nach jahrelangen Verspätungen, während welchen LGBTI+ im gesamten Vereinigten Königreich weiter unter den Konsequenzen von Konversionstherapien gelitten haben, ist es niederschmetternd zu erfahren, dass die britische Regierung einmal mehr ein Versprechen an die Community bricht und von der Verpflichtung, den Konversionstherapien ein Ende zu setzen, davonlaufe. Die Organisation setzt nun alle Hoffnungen auf Wales und Schottland, damit diese Praktiken wenigstens dort verboten werden.

Auch aus der Opposition kommt scharfe Kritik: Die Schattenministerin für Gleichstellung und Frauenrechte, Labour-Politikerin Anneliese Dodds, schrieb auf Twitter, dass dies ein erneuter Beweis dafür sei, dass man Boris Johnson kein Wort glauben dürfe. Eine Regierung, welche noch im Grossbritannien des 21. Jahrhundert glaube, dass Konversionstherapien akzeptabel seien, stehe nicht auf der Seite der LGBTI+ Community. Labour werde nie aufhören, diese heimtückischen Praktiken zu bekämpfen.