HINTERGRUND: So denken junge Afrikaner:innen über Rechte für Queers

HINTERGRUND: So denken junge Afrikaner:innen über Rechte für Queers
Während Südafrika bereits seit langem die Ehe für alle kennt, haben andere Staaten des Kontinents ihre Strafgesetze für LGBTI+ massiv verschärft. Doch wie sehen die jungen Afrikaner:innen die rechtliche Situation queerer Menschen in ihren Ländern, und finden sie, dass die LGBTI+ Community besser geschützt werden muss? Der Africa Youth Survey 2024 ging dieser Frage nach...

Die WorldPride im Jahr 2028 wird Geschichte schreiben, findet sie doch erstmals überhaupt auf dem afrikanischen Kontinent statt, und zwar in Kapstadt. Das Land hat eine lebendige LGBTI+ Community und als einziges Land in Afrika die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Südafrika steht damit im krassen Kontrast zu anderen Staaten in Afrika, welche in den meisten Fällen gleichgeschlechtliche Aktivitäten verbieten und sogar Gesetze in Kraft haben, welche bis hin zur Todesstrafe reichen. Dabei sind es nicht nur Gesetze, welche noch aus der kolonialen Vergangenheit stammen, sondern Uganda beispielsweise hat die Todesstrafe auf "schwere Homosexualität" erst im Jahr 2023 neu eingeführt.

Afrika ist einer der jüngsten Kontinente, denn in den Staaten südlich der Sahara sind rund 70 Prozent der Menschen unter 30 Jahre alt. Gerade was diese jungen Menschen denken ist wichtig, denn sie sollten ihre Zukunft gestalten und nicht nur einen gesetzlichen, sondern auch einen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben. Während in fast allen Ländern die Jugendlichen und jungen Erwachsenen meist eine progressivere und offenere Haltung gegenüber gesellschaftspolitischen Fragen einnehmen, so stellt sich die Frage, wie gerade junge Afrikaner:innen dem Thema Rechte für LGBTI+ gegenüber stehen.

Unter anderem dieser Frage ist der Africa Youth Survey der Ichikowitz Family Foundation nachgegangen, welche Afrikas Rolle in der Welt, der internationale Einfluss, die Zukunftsaussichten, aber unter anderem auch Bereiche wie Technologie, Immigration, Korruption, Sicherheit, Umwelt, Demokratie und Gesundheit untersucht. Dazu wurden im vergangenen Jahr in 16 afrikanischen Ländern 5'604 Personen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren persönlich interviewt. Das Fazit: Die Rechte für queere Menschen haben in den meisten Ländern auch bei den Jungen einen schweren Stand.

Während zwar noch 80 Prozent der Befragten angaben, dass sie finden, ihr Land sollte die Rechte von ethnischen Minderheiten besser schützen, so waren nur gerade 37 Prozent dieser Meinungen, wenn es um sexuelle Minderheiten geht. Nur gerade in fünf der 16 Staaten, nämlich in Südafrika, Botswana, Tansania, Cote d'Ivoire und Namibia fand eine Mehrheit, dass die LGBTI+ Rechte besser geschützt werden sollten. In den anderen elf Ländern war eine teils überdeutliche Mehrheit gegen einen solchen Schutz, wobei es im Tschad nur eine relativ kleine Differenz gibt.

Gerade das Beispiel Südafrika zeigt, was Fortschritte bei den Rechten für queere Menschen bewirken können. Als das Land nach der Apartheid eine neue Verfassung ausarbeitete, wurden 1998 gleichgeschlechtliche Aktivitäten legalisiert, und Südafrika wurde der erste Staat der Welt, der die Diskriminierung auf Basis der sexuellen Orientierung per Verfassung verboten hat. Im Jahr 2005 wurde zudem die Ehe nach einem Gerichtsurteil für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, als fünfte Nation weltweit. Diese Entwicklung zeigt sich auch eindrücklich im Africa Youth Survey, denn 77 Prozent der Befragten jungen Menschen gaben an, dass die Rechte von LGBTI+ geschützt werden müssen. Nur 16 Prozent lehnten dies ab.

Auch bei Botswana stellt sich eine deutliche Mehrheit der jungen Befragten an die Seite queerer Menschen: Dort befürworteten 58 Prozent den Schutz gegenüber 41 Prozent. In Botswana sind gleichgeschlechtliche Handlungen per Gerichtsentscheid seit dem Jahr 2019 legal. Überraschend hingegen sind die Resultate der Umfrage in Tansania. Dort können gleichgeschlechtliche Aktivitäten noch immer mit lebenslanger Haft bestraft werden, doch 57 Prozent der Befragten gaben an, dass die Rechte von LGBTI+ geschützt werden müssen. Dem gegenüber stehen 37 Prozent, welche dies ablehnen. In Cote d'Ivoire wiederum sind gleichgeschlechtliche Handlungen legal, und 51 Prozent befürworten den Schutz der Rechte queerer Menschen, und 43 Prozent lehnen dies ab.

In Namibia sind es 49 Prozent Befürworter und 47 Prozent, welche den Schutz ablehnen. Im Land finden gerade derzeit kontroverse Debatten rund um LGBTI+ Rechte statt. Gleichgeschlechtliche Aktivitäten wurden erst im vergangenen Jahr durch das Oberste Gericht legalisiert, und das selbe Gericht hat zudem entschieden, dass LGBTI+ Ehen, welche im Ausland, etwa im benachbarten Südafrika geschlossen wurden, auch von Namibia anerkannt werden müssen. Darauf hat die Politik aber eben ein Gesetz verabschiedet, welches die Ehe für alle strikt verbietet, also auch jene, welche im Ausland geschlossen wurden.

Nicht nur Namibia zeigt sich bei den für den Bericht untersuchten Ländern praktisch in zwei Hälften gespalten, sondern auch der Tschad: So befürworten 42 Prozent den Schutz der Rechte, und 44 Prozent lehnen ihn ab. Bei allen weiteren Staaten überwiegt die Ablehnung deutlich bis sehr deutlich. So beträgt das Verhältnis in Kenia 62 zu 38 Prozent, in Ruanda 60 zu 37, in Malawi 64 zu 35, in Nigeria 61 zu 35, in Ghana 67 zu 33 und in Gabun 65 zu 31 Prozent. In Äthopien sind es 65 zu 30, in der Republik Kongo 69 zu 29, in Sambia 72 zu 27 Prozent und das deutliche Schlusslicht bildet Kamerun mit 85 Prozent, welche den Schutz der Rechte von LGBTI+ ablehnen und nur 13 Prozent, welche ihn unterstützen. Gerade in Kamerun werden queere Menschen derzeit wieder massiv verfolgt.

Den gesamten Africa Youth Survey der Ichikowitz Family Foundation findest Du hier.