KAMERUN: Berühmte LGBTI+ Aktivistin (80) als Terroristin angeklagt
Trotz ihren 80 Jahren denkt Alice Nkom noch lange nicht ans kürzer treten und sie zeigt sich zusammen mit ihrer Organisation Réseau des Défenseurs des Droits Humains en Afrique Centrale, kurz Redhac, weiterhin extrem kämpferisch. Als „Netzwerk der Verteidiger der Menschenrechte in Zentralafrika“ sind sie aber auch der Regierung in Kamerun ein Dorn im Auge, denn sie setzen sich für queere Menschen und andere Minderheiten ein und decken Missstände gnadenlos auf, auch gegen die Regierung und die Behörden.
Alice Nkom nutzte denn auch deutliche Worte gegen die Regierung: So erklärte sie, das Menschenrechtler:innen zwar klein sein mögen, doch sie seien auch mutig und würden sich gegen das Abdriften eines Landes in ein autoritäres und totalitäres System stellen. Dabei kritisiert sie immer wieder drastische Verletzungen der Menschenrechte, auch gegen queere Menschen. So seien in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder Personen verhaftet worden, welche angeblich gleichgeschlechtlichen Handlungen nachgingen. Zahlreiche LGBTI+ wurden zudem auch ermordet.
Das Ministerium für territoriale Verwaltung habe ihre Organisation geschlossen und die Büros versiegelt, erklärte Alice Nkom, da sie angeblich illegal grosse Summen an Geld für Redhac erhalte, und die Vorschriften verletzt habe, wie man eine NGO führe. Nkom weigerte sich dies zu anerkennen, brach die Siegel auf und arbeitete weiter. Mitte Dezember habe sie darauf eine erste Vorladung erhalten, ausgestellt durch das Ministerium für territoriale Verwaltung, aber aufgrund einer Beschwerde von Lilian Engoulou, der Koordinatorin der Beobachtungsstelle für gesellschaftliche Entwicklung.
Es sind denn auch harte Vorwürfe, welche Engoulou gegen Nkom erhoben hat. So soll die Menschenrechtlerin separatistische Kräfte, sowie auch den Terrorismus finanzieren und zudem die Sicherheit des Landes gefährden. Der Vorladung kam Nkom aber nicht nach, und so bekam sie nun anfangs Jahr eine neue Vorladung, diesmal durch das Militärgericht, ausgestellt durch die Polizei und im Auftrag des nationalen militärischen Geheimdienst.
Alice Nkom findet einmal mehr klare Worte für diese Vorladung, denn just an ihrem 80. Geburtstag musste sie erstmals vor Gericht Red und Antwort stehen: Es sei eine einzige politische Hexenjagd und sie erkenne die Beobachtungsstelle für gesellschaftliche Entwicklung gar nicht erst an, denn sie habe noch nie etwas von dieser angeblichen Stelle gehört. Weder sei ein Gründungsdatum dieser Beobachtungsstelle bekannt, noch wer diese leite. Die Siegel habe sie aufgebrochen, weil die Behörden nicht rechtmässig gehandelt haben, so die Menschenrechtsaktivistin weiter.
Sie und ihre Mitstreiter:innen für die Menschenrechte seien wie ein Deich, der sich dem Unrecht entgegenstelle. Die Menschheit lasse sich nicht in Kategorien einteilen, alle seien eins und mit derselben Würde miteinander verbunden erklärt Nkom weiter. Unterstützung erhält sie dabei auch von Maurice Kamto, einem Anwalt und Kritiker von Paul Biya, dem Staatspräsidenten von Kamerun. Er werde Nkom pro bono vor Gericht vertreten, denn sie dürfe nicht durch die Gerichte oder politisch schikaniert werden. Man teile sich diese Kämpfe, denn diese würden nicht nur sie, sondern alle betreffen, so Kamto weiter.
Kamerun bestraft gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu fünf Jahren Haft, auch wenn sie einvernehmlich sind. Seit 2010 wird zudem sogar die Kontaktaufnahme mittels elektronischen Mitteln für ein Date mit sexuellen Absichten mit einer Person des gleichen Geschlechts mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft. Gemeint sind damit unter anderem Dates via Online-Apps wie Grindr. Das Gesetz wird auch immer wieder angewandt, oft sogar im Zusammenhang mit Folter. Erst im vergangenen Jahr hatte Brenda Biya, die Tochter des Staatspräsidenten, in den Sozialen Medien ihr Coming Out. Sie lebt aber im Ausland. Den Post von damals hat sie später wieder gelöscht - aufgrund der massiven Kontroverse, die sie damit ausgelöst hat.