Unmasked: "Trumps fahrlässiger Umgang mit dem Virus wird mehr Menschen ins liberale Lager bringen."

Corona hat auch den amerikanischen Wahlkampf mächtig durcheinander gewirbelt. Konrad Jüngling ist LGBTI+ Aktivist, seine Familie stammt ursprünglich aus Deutschland und er lebt nun mit seinem Mann im US-Bundesstaat Idaho. Bei den kommenden Wahlen im November unterstützt Konrad den Kandidaten der Demokraten, Joe Biden. Für Unmasked gibt er uns einen Einblick in die aktuelle amerikanische Politik und in den laufenden Wahlkampf, der derzeit vorallem virtuell stattfindet. Zudem zeigt er auch auf, was für die LGBTI+ Community bei den kommenden Wahlen alles auf dem Spiel steht...

Kannst Du Dich selber kurz vorstellen.
Ich bin LGBT-Aktivist, ein politischer Aktivist und ein Autor. Derzeit lebe ich in Boise, Idaho, aber ursprünglich komme ich aus Oregon. Ich lebe mit meinem Ehemann Robert und unseren beiden Katzen Mr. Rustie und Rucifee zusammen.

Wie bist Du von der aktuellen Lage selber betroffen? Wie gehst Du damit um?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich meiner Arbeit von zuhause aus nachgehen kann. In meinem Bundesstaat gilt derzeit die Stay-At-Home-Regel, was bedeutet, dass sich die Leute nicht ausserhalb ihres Hauses treffen dürfen. Ich nutze die Zeit zuhause um Ahnenforschung zu betreiben, und um mehr zu lesen. Soeben habe ich mein 16. Buch in diesem Jahr begonnen. Als Ziel möchte ich bis Ende 2020 fünfzig Bücher lesen. Mir tun die Leute Leid, welche nicht von Zuhause aus arbeiten können, oder die in irgend einer anderen Form von der aktuellen Situation betroffen sind.

Was denkst Du, welche Auswirkungen wird der Virus auf die Wahlen in den USA haben?
Ich denke, dass Trumps fahrlässiger Umgang mit dem Virus mehr Leute ins liberale Lager bringen wird. Trump weiss nicht, wie die alltägliche Arbeit eines Präsidenten getan werden muss, geschweige denn, wie man mit einer Pandemie umgeht. Er hat sich mit Familienmitgliedern und Arschkriechern umgeben, welche es entweder nicht besser wissen, oder welche sich nicht darum kümmern wollen, um fundierte Entscheidungen zu treffen, welche Amerika, und der ganzen Welt, helfen sollen. Während wir Demokraten die Mehrheit der Stimmen aus der Bevölkerung bei den Wahlen 2016 erhielten, so verloren wir die Wahl in Bezug auf die Wahlmänner, und damit die Präsidentschaft. Ich hoffe, dass nun genug Leute die Unfähigkeit von Trump sehen und diesmal wirklich die Demokraten wählen gehen.

Du unterstützt bei den Wahlen Joe Biden: Warst Du bereits von Anfang an in seinem Team, und was denkst Du, kann Joe Biden für die LGBTI+ Community erreichen, sollte er gewählt werden?
Genau, ich unterstütze in diesem Jahr Biden. Meine erste Wahl wäre eigentlich Kamala Harris gewesen, und ich habe sie seit Mai 2019 unterstützt. Seit sie ihre Kandidatur zurückgezogen hat, unterstütze ich nun Biden, und ich hoffe sehr, dass er Kamala Harris als seine Vize-Präsidentin ernennen wird. Biden wird die Rechte der LGBTI+ Community verteidigen, was er bereits bewiesen hat, indem er wichtige Gesetze, wie etwa den Equality Act unterstützt hat. Zudem hat er auch ein spezifisches Programm für die Community ausgearbeitet. Er war der erste Vize-Präsident überhaupt, der öffentlich Marriage Equality befürwortet hat - sogar noch vor Barack Obama. Er hat zudem ebenfalls versprochen, dass er in seinem Kabinett für Diversität sorgen wird, um damit sicherzustellen, dass seine Richtlinien und Gesetze, welche er ausarbeitet, auch repräsentativ sind.

Wie ist sein Wahlkampf durch die aktuelle Situation betroffen?
Biden musste seine Wahlkampftour ändern und auf virtuelle Bügerversammlungen und Foren setzen, sowie auf Interviews, statt wie ursprünglich geplant, dies live zu tun und sich vor Ort mit Menschen zu treffen. Ich bin froh darüber, dass er die nötigen Schritte unternommen hat um sich selber, aber natürlich auch die anderen Leute zu schützen. Ich habe aber auch nichts anderes erwartet, gehört er doch zu jener Partei, welche auf die Wissenschaft hört. Sobald es für ihn wieder möglich ist, persönlich an Wahlkampfveranstaltungen teilzunehmen, wird er seine Strategie langsam wieder anpassen, da bin ich mir sicher. Biden ist ein erfahrener Politiker und ich bin mir sicher, dass die Leute es anerkennen werden, dass er das Richtige getan hat, auch wenn einige durch die ganzen Social Distancing-Regeln nun etwas frustriert sind.

Wie gehst Du persönlich mit den derzeitigen Rückschritten in Bezug auf die Rechte für LGBTI+ um, welche die aktuelle Regierung Trump/Pence anstrengt?
Es ist schwierig zusehen zu müssen, wie die Rechte der LGBTI+ unter der Präsidentschaft von Donald Trump zurückgestutzt werden, und nochmals vier Jahre davon wären sehr schädlich für unsere Community. Auch wenn es entmutigend ist, so nutze ich die aktuelle Situation um mit meinem Umfeld, meiner Familie, Freunden und mit meinen Arbeitskollegen über diese Themen zu sprechen und sie darauf aufmerksam zu machen. So gibt es etwa immer noch Leute, welche nicht wissen, dass es in den USA ein Blutspendeverbot für MSM gibt - die Richtlinien wurden erst vor kurzem auf drei Monate Enthaltsamkeit geändert - oder, dass jemand alleine aufgrund seiner Sexualität in mehr als der Hälfte der Bundesstaaten gefeuert werden kann. Zu wissen, welche Änderungen und welche Gesetze verabschiedet werden, ist sehr wichtig um unser Umfeld darüber aufzuklären. Ich selber leiste da ebenfalls meinen kleinen Beitrag dazu, indem ich liberale Kandidaten unterstütze, Kommentare schreibe und meine politischen Vertreter kontaktiere.

Was wünscht Du Dir von uns allen und was würdest Du uns gerne mit auf den Weg geben?
Etwas, an was ich mich auch selber immer wieder erinnern muss - "auch dies wird vorüber gehen." Auch wenn das Coronavirus eine Pandemie und eine Krise ist, so wird dies nicht ewig dauern, und wir werden diese Turbulenzen hinter uns lassen. Idealerweise natürlich lieber früher als später...

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Unmasked: "Trumps fahrlässiger Umgang mit dem Virus wird mehr Menschen ins liberale Lager bringen."

Konrad Jüngling (links) mit seinem Ehemann Robert in Powell's Bookstore in Portland, Oregon.