CHINA: "Ehe bleibt Verbindung zwischen Mann und Frau"
Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen wurde in Peking der Nationale Volkskongress eröffnet. Das Viertel wurde abgesperrt, die teilnehmenden Politiker aus allen Provinzen wurden abgeschirmt, und die Sicherheitsstufe wurde unter dem Vorwand von Corona nochmals erhöht. Mit grosser Spannung haben insbesondere auch die LGBTI+ Aktivist*innen im Land diesen Tagen entgegengefiebert, wurden sie doch ob dem Zuspruch für ihre unermüdliche Kampagnenarbeit selbst überrascht.
Da China das Zivilgesetzbuch und damit auch den Teil betreffend Ehe und Familie neu auflegt, konnte die chinesische Bevölkerung Anträge und Vorschläge einreichen. Die Aktivist*innen nutzten die Gunst der Stunde und machten über die Sozialen Medien und über andere Kanäle den Aufruf, dass möglichst viele die Forderung der Ehe für alle einreichen sollen. Das Resultat war überwältigend, und es wurden insgsamt 200'000 Anträge für dieses Anliegen an den Volkskongress übermittelt. Offenbar war selbst die Politik von diesem Engagement überrascht, und so wurde die Forderung der Öffnung der Ehe sogar von der Partei öffentlich angesprochen. Dies wurde auch von den LGBTI+ Aktivist*innen als äusserst positives Zeichen gedeutet.
Diese Hoffnungen wurden nun aber offenbar zerschlagen: So kritisierte Huang Wei, eine Abgeordnete der Gesetzgebungskommission des entsprechenden Komitees des Volkskongress, dass die Forderung nach der Ehe für alle Teil einer organisierten Aktion gewesen sei. Die Anträge seien alle in den gleichen Umschlägen und dem gleichen Inhalt angekommen, ebenso seien alle Online-Anträge gleich gewesen. Es sei alles Copy und Paste gewesen, so Huang Wei. Die Ehe werde auch in Zukunft als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert sein, so die Abgeordnete weiter. Man werde nicht auf die Forderung der LGBTI+ Aktivist*innen eingehen.
Bei den Initianten kamen diese Aussagen gar nicht gut an. Der bekannte Aktivist Sun Wenlin wies die Anschuldigungen der Politikerin umgehend zurück und erklärte, dass sie bloss eine Entschuldigung gesucht habe, um sich dem Anliegen nicht anzunehmen. Es gebe keine Gründe, um die gleichgeschlechtliche Ehe abzulehnen. Sie hätte vielmehr erklären sollen, welche Untersuchungen die Kommission getätig habe, welche Debatten geführt und welche Analysen gemacht wurden, und wie es nun weitergehe. Zudem seien die Kommentare von Huang Wei diskriminierend und restriktiv. Man lasse sich aber dadurch nicht unterkriegen und werde die Kampagne weiterführen, so Sun Wenlin weiter.