MAROKKO: Will die Regierung Oppositionellen mit falschen Anschuldigungen zum Schweigen bringen?

MAROKKO: Will die Regierung Oppositionellen mit falschen Anschuldigungen zum Schweigen bringen?
Er ist der Herausgeber einer Zeitung, welche die wohl kritischste Haltung gegenüber der Regierung Marokkos einnimmt, und dies könnte ihm nun möglicherweise zum Verhängnis geworden sein. Er muss sich nämlich wegen angeblichen, gleichgeschlechtlichen Aktivitäten vor Gericht verantworten, obwohl er diese gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement zurückweist...

Es erinnert etwas an Malaysia, wo während Jahren ein oppositioneller Politiker vom Amt des Staatsoberhaupts ferngehalten wird, indem ihm immer wieder gleichgeschlechtliche Aktivitäten unterstellt werden. Nur in Marokko ist es nicht ein Politiker, welcher damit quasi zum Schweigen gebracht werden soll, sondern der Herausgeber einer der wichtigsten, regierungskritischen Zeitungen des Landes. Zuvor wurden bereits zwei seiner Mitarbeiter ebenfalls angeklagt und teilweise ins Gefängnis gesteckt.

Um die Pressefreiheit scheint es, zumindest aktuell, nicht allzu gut bestellt in Marokko, diesen Eindruck bekommt man wenigstens, wenn man sich die Vorkommnisse rund um die Zeitung Akhbar al-Youm anschaut. Am Freitag wurde nämlich der Herausgeber der Zeitung, Soulimane Raissouni, verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, dass er vor zwei Jahren einen 24-jährigen Mann bei sich gefangen gehalten und ihn sexuell missbraucht haben soll. Da Homosexualität in Marokko strafbar ist, wurde er damit nicht nur wegen Freiheitsberaubung angeklagt, sondern auch noch wegen unsittlichem Verhalten. Raissouni bestreitet aber beide Vorwürfe vehement. In der kommenden Woche sollen die ersten Anhörungen in diesem Prozess beginnen.

Schon der Gründer der Zeitung wurde verhaftet und 2019 zu einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren verurteilt, darunter ebenfalls wegen sexuellem Missbrauch. Und auch die Nichte von Soulimane Raissouni, Hajar Raissouni, welche als Journalistin bei der Zeitung arbeitet, wurde im vergangenen Jahr angeklagt, weil sie eine Abtreibung gemacht haben soll. Nachdem es darauf zu massiven Protesten gegen das Urteil kam, wurde sie vom König schliesslich begnadigt.

Im Fall von Soulimane Raissouni spricht Khadija Riadi, ein Mitglied der Organisation AMDH, davon, dass sie befürchten, dass es wieder ein politisch motivierter Prozess sein könnte, denn zuerst habe man in regierungsfreundlichen Medien eine wahre Kampagne gegen Raissouni gefahren. Der Prozess und die Anschuldigung gegen ihn sind nun also quasi Stufe 2...