POLEN: Gerichtsurteil: Fehlende Anerkennung von LGBTI+ Paaren verstösst gegen die Menschenrechte
Zahlreiche Staaten, so auch Bulgarien, Rumänien und sogar Russland, wurden vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits abgestraft, weil sie gleichgeschlechtlichen Paaren weder die Möglichkeit für eine rechtliche Anerkennung ihrer Partnerschaften bieten, noch einen ausreichenden Diskriminierungsschutz eingerichtet haben. Nun war Polen an der Reihe und das Urteil viel erwartungsgemäss gleich aus.
Die Richter in Strassburg lehnten die Argumentation der polnischen Regierung ab, dass nur die traditionelle Ehe zum Erbe des Landes gehöre, und urteilten stattdessen, dass Polen seinen Verpflichtungen nachkommen und einen Rechtsrahmen schaffen müsse, durch welchen auch LGBTI+ Paare ihre Beziehungen rechtlich absichern können. Weiter sollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften auch geschützt werden.
Möglich wurde dieses Urteil des Gerichtshof durch die Klage von fünf gleichgeschlechtlichen Paaren. Ihre Versuche in Polen zu heiraten wurden jeweils von den Behörden mit dem Hinweis abgelehnt, dass der Artikel 18 der polnischen Verfassung die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiere. Die Paare wollten diese Absage nicht hinnehmen und legten darauf in den Jahren 2017 und 2018 Beschwerden beim Verfassungsgericht ein. 2021 erklärte dieses in Bezug auf die Beschwerde von einem der Paare, dass dies nicht in die Zuständigkeit dieses Gerichts falle. Die weiteren Entscheidungen sind noch ausstehend.
Da die Paare mit ihrer Beschwerde auch noch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gelangten, kam dieses Urteil nun zuvor. Die Richter in Strassburg erklärten, dass Polens aktuellen Gesetze den Artikel 8 und den Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletze. Ersterer definiert das Recht auf die Achtung des Privat- und des Familienlebens und der Artikel 14 betrifft das Diskriminierungsverbot. So befanden die Richter, dass die Antragsteller aufgrund der fehlenden, gesetzlichen Basis nicht in der Lage waren, die grundlegenden Aspekte ihres Lebens zu regeln, so die Richter. Dies betreffe etwa das Erbrecht, das gemeinsame Eigentum, der Unterhalt oder auch die Besteuerung.
Die Richter hielten aber dazu auch fest, dass die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren nicht in Form der Ehe passieren müsse. Damit unterstreicht das Gericht, dass auch ein Partnerschaftsgesetz ein möglicher Weg ist. Dazu nahmen die Richter auch Bezug auf ein ähnliches Urteil, welches die gleiche Thematik betraf, aber in Russland. Dass sowohl Russlands als auch Polens Regierung erklärt hat, dass die Bevölkerung gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht akzeptieren, liess das Gericht ebenfalls nicht gelten.
Für die polnische LGBTI+ Community gibt es auch bereits einen Lichtblick: Der Weg für die neue Regierung von Donald Tusk ist frei und er hat bereits während dem Wahlkampf verkündet, dass er ein Partnerschaftsgesetz für gleichgeschlechtliche Paare umsetzen werde.