RUSSLAND: Eltern lassen ihre Kinder entführen um sie Konversionsmassnahmen auszusetzen

Warnung: Der folgende Bericht betrifft LGBTI+ feindliche Handlungen und Gewalt gegen queere Menschen.

Wie die Washington Post erstmals aufgedeckt hat, melden Menschenrechtsorganisationen aus Russland Entführungen von queeren Menschen. So sollen es ausgerechnet die Eltern selber sein, welche für diese Entführungen skrupellose Gangs beauftragen, welche die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen entweder austricksen oder sie gleich gegen ihren Willen verschleppen und in versteckten Zentren Konversionsmassnahmen aussetzen. Dort werden sie teilweise während Monaten festgehalten.

Diese Zentren waren ursprünglich für Drogen- oder Alkoholabhängige gedacht, und sind ähnlich aufgebaut wie Gefängnisse. Die Methoden, welche dort angewandt werden, sind ebenfalls mit jenen zu vergleichen, welche für die „Behandlung“ von Suchterkrankungen eingesetzt werden. So kommt es ebenso zu körperlichen, wie auch zu psychischen Misshandlungen. Die Opfer solcher Praktiken haben sich nun via ihrer Anwälte an die Öffentlichkeit gewandt um auf diese Entführungen aufmerksam zu machen.

Auch wenn es schwierig ist, solche Entführungen tatsächlich zu verifizieren, so decken sich die Schilderungen der Opfer, sowie die Berichte der wenigen, noch unabhängigen russischen Medien mit den Angaben von Menschenrechtsorganisationen. Einmal mehr nutzt offenbar Präsident Vladimir Putin die LGBTI+ Community um von den wahren Problemen Russlands abzulenken, wie etwa vom Krieg in der Ukraine. Weiter will er mit dieser Haltung gegenüber queeren Menschen offenbar auch die Sympathien bei Ländern im Nahen Osten sowie in Afrika gewinnen, steht Russland doch aufgrund des Krieges international und insbesondere von der westlichen Welt und den wichtigsten Industrienationen isoliert da.

Zu den bislang gut dokumentierten Fällen gehört jener einer 28-jährigen Moskauerin. Sie wurde derart unter Medikamente gesetzt, dass sie sich wie ein Zombie gefüllt habe. In der Einrichtung habe sie Morddrohungen von Mithäftlingen erhalten und erst nach 21 Monaten wurde sie schliesslich wieder entlassen. Dazu musste sie aber damit drohen, dass sie die Einrichtung etwa im Zimmer gewaltsam zerstören werde. Wie ihr Anwalt berichtet, litt sie nach der Entlassung unter massiven psychischen Problemen. So fühlte sie stets, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung sei, da ihr dies derart eingetrichtert wurde.

Ein weiteres Opfer war eine nicht-binäre trans Person, welche in Altai Krai in Sibirien während neun Monaten in einem solchen Zentrum festgehalten wurde. Die eigene Mutter hat das 23-jährige Opfer in eine Falle gelockt und durch einen kräftigen Mann festhalten und entführen lassen. Mit Medikamenten behandelt, musste das Opfer zudem „männliche“, körperliche Arbeit wie Holzhacken verrichten und wurde zusätzlich massiv misshandelt. So wurde das Opfer unter anderem in einen Fluss geworfen und es wurde zu körperlichen Übungen bis zur totalen Erschöpfung gezwungen. Nach mehreren Fluchtversuchen, welche jeweils mit Schlägen und weiterern Misshandlungen quittiert wurden, wurde das Opfer schliesslich von der Polizei gerettet.

Wie weit verbreitet diese Zentren sind und wie viele Opfer es bereits gibt, ist nicht bekannt. Das Vorgehen erinnert aber fatal an die Verfolgung von queeren Menschen in der russischen Teilrepublik Tschetschenien.