TÜRKEI: Streit um Ansichten rund um Homosexualität entbrannt
Es sind scharfe Worte, welche im Streit zwischen der Regierungspartei AKP des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und der nationalen Anwaltskammer fielen. Ursprung des Twists ist die Aussage von Ali Erbas, dem Vorsteher der Abteilung für Religionsangelegenheiten und damit einem der höchsten, muslimischen Geistlichen der Türkei. So erklärte er, dass Homosexualität Krankheiten bringe und Generationen verderbe. So sei Homosexualität unter anderem für den HI-Virus verantwortlich, welcher zu Aids führe. Man solle zusammen kämpfen und die Leute vor diesem Übel Homosexualität schützen, so Erbas während einer Zeremonie weiter.
Die Anwaltskammer in Ankara reagierte prompt und verurteilte die Aussagen Erbas als überholt und veraltet, und zudem verstossen die Aussagen gegen die Menschenwürde. Auch die Anwaltskammer in Izmir zeigte sich besorgt und erklärte, dass solche Aussagen wieder zu neuen Hassverbrechen ermutigen würden.
Ganz anders sieht es jedoch die Regierungspartei AKP: Deren Sprecher hat die Aussagen unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit nicht verurteilt und erklärte stattdessen weiter, dass sich der Geistliche nur für die Werte der türkischen Gesellschaft ausgesprochen habe. Es sei das natürlichste auf der Welt, dass sich Leute für das Wertesystem einsetzen, an welches sie glauben. Abnormal sei es hingegen das Gegenteilige zu behaupten. Es sei eine faschistische Mentalität, wenn man Erbas das Recht auf die freie Meinungsäusserung abspreche.
Die Regierungsvertreter gingen dabei aber sogar noch einen Schritt weiter und nutzten den Hashtag "Ali Erbas ist nicht alleine" bei Twitter. Sogar der Sprecher von Präsident Erdoğan nutzte diesen. Weiter hat die Staatsanwaltschaft sogar eine Untersuchung gegen die Anwaltskammern eingeleitet, um dem Verdacht nachzugehen, ob sie mit ihren Aussagen die religiösen Werte der Türkei verletzt haben.
In der Türkei ist Homosexualität, anders als in den meisten muslimischen Ländern, nicht verboten und nicht strafbar. LGBTI+ Feindlichkeiten sind jedoch weit verbreitet, besonders auch in letzter Zeit, zudem wurden Gay Prides, welche früher jeweils tausende Teilnehmer aus der ganzen Region nach Istanbul lockten, in den vergangenen Jahren jeweils verboten. In diesem Jahr wird es sicherlich durch Corona keine Pride geben, doch vielleicht im nächsten Jahr, da es an der Spitze der Metropole zu einem Regierungswechsel gekommen ist...