TUNESIEN: Mindestens 84 Verhaftungen von Queers

TUNESIEN: Mindestens 84 Verhaftungen von Queers
In den vergangenen Monaten kam es in Tunesien zu einer wahren Verfolgung queerer Menschen: Alleine von September '24 bis Ende Januar 2025 wurden mindestens 84 Personen, vor allem schwule Männer und trans Menschen, verhaftet. Dabei scheute die Polizei auch nicht davor zurück, Dating Apps zu nutzen um Queers in eine Falle zu locken. Verbunden waren die Aktionen mit extrem LGBTI+ feindlicher Hetzkampagnen in den Sozialen Medien und mit Erpressungen.

In Tunesien können gleichgeschlechtliche Aktivitäten gemäss dem Artikel 230 des Strafgesetzes mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Oftmals werden aber auch die Artikel 226 und 226bis hinzugezogen, welche unsittliches Verhalten und unmoralische Taten in der Öffentlichkeit mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestrafen.

Nun schlägt die lokale Organisation Damj Association for Justice and Equality Alarm, denn die Behörden haben vor einigen Monaten eine wahre Verhaftungswelle von queeren Menschen begonnen. In den Städten Tunis, El Kef, Hammamet und Sousse wurden seit Ende September des vergangenen Jahres und bis Ende letzten Monat mindestens 84 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität verhaftet.

Dabei geht die Polizei mit äusserster Härte vor: Sie verhaften Personen aufgrund von geschlechtsspezifischen Stereotypen und scheuen auch nicht davor zurück, die Telefone der Betroffenen zu durchsuchen. Die so gefundenen Beweise nutzen sie dann in den Strafprozessen. Sicherheitskräfte bedienten sich aber auch bereits bei den Sozialen Medien oder Dating Apps, um so queere Menschen in eine Falle zu locken.

Weiter sind auch Fälle bekannt, bei denen Polizisten ihre Opfer mit Haftandrohungen oder Outings einzuschüchtern versuchten. Sie wollten dabei sogar Geld von ihnen erpressen. Andere Durchsuchen die Wohnungen oder Häuser ihrer Opfer ohne überhaupt einen dafür nötigen Durchsuchungsbefehl vorweisen zu können. Einige der Verhafteten wurden zudem zu Anal-Untersuchungen gezwungen, um ihnen Geschlechtsverkehr nachzuweisen. Diese Praktiken werden von Menschenrechts- und LGBTI+ Organisationen als Folter verurteilt und als nicht wissenschaftlich abgelehnt.

Bei den anstehenden Strafprozessen kam es auch bereits zu Verurteilungen. So wurden zwei Männer in El Kef in erster Instanz zu einer Haftstrafe von je einem Jahr verurteilt. Bei Beiden wurden erzwungene Anal-Untersuchungen als Beweise hinzugezogen. Auch LGBTI+ Aktivist:innen wurden bereits im Zusammenhang mit ihrer Arbeit für queere Organisationen zu Befragungen abgeführt. Sie wurden teilweise in mehreren Anklagepunkten angeklagt und sie warten nun, bis ihnen der Prozess gemacht wird.

Begleitet wurden diese Verfolgungsaktion von einer Hetzkampagne in den Sozialen Medien. Mit unzähligen Posts wurden queere Menschen und LGBTI+ Organisationen mit äusserst feindlicher Rhetorik verunglimpft. Schlussendlich griffen sogar die traditionellen Medien das Thema auf und sie begannen über ihre Kanäle wie Fernsehen oder Radio gegen LGBTI+ zu hetzen. Gerade in den Sozialen Medien waren auch Seiten an der Hetze beteiligt, welche den amtierenden Staatspräsidenten Kais Saied unterstützen.

Internationale Menschenrechts - und LGBTI+ Organisationen wiederholen nun ihre Forderung, wonach Tunesien dringend seine Gesetzgebung ändern müsse um queere Menschen besser zu schützen. Bislang sind solche Aufrufe aber kaum gehört worden...