HINTERGRUND: In diesen Ländern werden queere Männer noch immer gefoltert

HINTERGRUND: In diesen Ländern werden queere Männer noch immer gefoltert
In vielen Staaten, in welchen gleichgeschlechtliche Aktivitäten verboten sind, wendet die Polizei noch heute unmenschliche und entwürdigende Praktiken an, um mit pseudowissenschaftlichen Methoden angeblichen Geschlechtsverkehr zu beweisen. LGBTI+ Organisationen verurteilen dieses Vorgehen als vom Staat verordnete Folter und Vergewaltigung.

Es ist ein äusserst brutales Vorgehen, welches in manchen Staaten angewandt wird, um gleichgeschlechtliche Aktivitäten unter Männern angeblich nachweisen zu können. Ohne wissenschaftliche Grundlage werden Analuntersuchungen durchgeführt, um damit angeblich vollzogenen Geschlechtsverkehr feststellen zu können. Besonders Länder mit äusserst strengen Gesetzen auf Homosexualität wenden diese Praktiken an - aber nicht nur.

Mit Gegenständen wird dabei der Analbereich traktiert und dies gegen den Willen der Opfer. Gerade aus diesem Grund bezeichnen LGBTI+ Organisationen diese Form der Analtests als Folter und Vergewaltigung. Die psychischen Schäden für die Betroffenen sind dabei enorm, ebenso wie die körperlichen Verletzungen. Oftmals werden diese Methoden auch angewandt um ein Geständnis für gleichgeschlechtliche Handlungen zu erzwingen.

Die Aussagekraft von diesen Tests entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, denn längst nicht alle queeren Männer vollziehen Analsex, sowie es auch viele heterosexuelle Männer gibt, welche einen lockeren Schliessmuskel haben. Homosexualität lässt sich damit mit Sicherheit auf keinste Weise feststellen.

Seit Jahren kämpfen LGBTI+ und Menschenrechtsorganisationen für ein Verbot dieser entwürdigenden und unmenschlichen Praktiken - doch bislang erfolglos. Da queeren Männern in diesen Ländern ohnehin sämtliche Rechte abgesprochen werden, ist es ein nahezu aussichtsloser Kampf. Selbst internationaler Druck wird dabei weitestgehendst ignoriert.

Es sind mehr als ein Dutzend Länder, welche diese Analtests nach wie vor anwenden, darunter etwa Ägypten. Die Polizei macht dabei gezielt mittels Grindr und anderen Dating Apps jagt auf schwule und bisexuelle Männer. Darauf kommt es nicht selten zur Anwendung dieser Analuntersuchungen um bei ihnen angeblich vollzogenen Geschlechtsverkehr festzustellen und um dies als Beweis bei einem allfälligen Gerichtsprozess zu verwenden. Human Rights Watch spricht in Bezug auf Ägypten bereits von einem systematischen Vorgehen, und nennt das Land als jenes, welches diese Praktiken noch immer am häufigsten anwendet.

Neben Ägypten sind in Afrika auch in Kamerun, Kenia, Sambia, Tansania, Tunesien und in Uganda solche Praktiken nach wie vor vorgesehen. In Asien kommen zudem noch Saudi Arabien, Sri Lanka, Turkmenistan, Usbekistan, sowie die Vereinten Arabischen Emirate dazu. Wie ILGA World jedoch unterstreicht, seien dies nur die Länder, in welchen diese Form von Folter dokumentiert sei. Es könne gut sein, dass es auch andere Staaten gibt, in welchen diese Praktiken angewandt, aber nicht dokumentiert werden, respektive, wo die Polizei und die Regierung diese Form der "Beweisführung" unter Verschluss hält.

LGBTI+ Organisationen weltweit versuchen die Staaten dazu zu bewegen, dass sie diese Analuntersuchungen abschaffen, da sie keine wissenschaftliche Grundlage haben und als Folter angesehen werden sollen. Dabei konnten sie auch bereits einige, wenn auch bislang nur kleine, Erfolge erzielen, so etwa in Tunesien.

Dort wurde eine Empfehlung für die Abschaffung dieser Praktiken akzeptiert, sofern das Einverständnis des Verhafteten fehlt. Dies führte jedoch 2020 trotzdem zu einer Verurteilung, denn ein Gericht erklärte, dass die Ablehnung dieses Tests durch zwei Männer als Schuldeingeständnis für gleichgeschlechtliche Aktivitäten gedeutet werden könne. Seither gab es mehrere solcher Fälle, bei denen Männer ihr Einverständnis für eine Analuntersuchung nicht gaben, und sie deswegen als schuldig befunden wurden, da sie angeblich etwas zu verbergen hätten.

Auch die World Medical Organization ruft seit langem dazu auf, dass Ärzt:innen keine Analuntersuchungen mehr durchführen sollen, da diese nicht wissenschaftlich und sinnlos seien. Zudem seien diese Praktiken unmenschlich, eine Form der Folter, erniedrigend und einfach nur grausam. Die Nationalen Gesundheitsbehörden sollen zudem ihre Anstrengungen verstärken, und die Ärzt:innen darüber aufklären.

Ob sich mit diesem Aufruf etwas an den Praktiken ändern wird, ist mehr als unsicher: Homosexualität wird in praktisch allen Ländern mit Anti-Gay-Gesetzen nachwievor mit Analverkehr gleichgestellt, und so lange gleichgeschlechtliche Aktivitäten verboten sind, werden sie versuchen, mit irgendwelchen Methoden dies nachweisen zu können. Da, in diesem Fall, queere Männer ohnehin auf der untersten, gesellschaftlichen Stufe stehen und ihnen keine Rechte zugestanden werden, spielt es wohl leider auch keine Rolle, ob die "Beweisführung" diesbezüglich auf einer wissenschaftlichen Basis fusst oder nicht.

Meist reichen schon blosse Verdachtsmomente um Strafen für gleichgeschlechtliche Aktivitäten auszusprechen. Nicht selten kommt es zudem zu falschen Anschuldigungen, so etwa bei Nachbarschafts- oder Familienstreitigkeiten, denn es ist hinlänglich bekannt, dass Beweise in Bezug auf gleichgeschlechtliche Aktivitäten mehr als schwierig festzustellen sind. Das Leben der Betroffenen wird damit zerstört, denn mit solchen Anschuldigungen oder mit einem solchen Schuldspruch bleibt ihnen bloss noch die Flucht. Ihre Familie, ihre Bekannten und ihr Freundeskreis wenden sich von ihnen ab und somit gibt es in ihrem gewohnten, sozialen Umfeld keine Zukunft mehr für sie.