UKRAINE: Europ. Gerichtshof verurteilt die Ukraine wegen der Diskriminierung eines queeren Paares
Andrii Maimulakhin und Andrii Markiv wollen heiraten und haben dies bei insgesamt sieben Standesämtern in der Ukraine versucht. Doch jedesmal wurden sie von den Behörden mit der Begründung abgelehnt, dass die Verfassung eine Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiere. Dies wollten sie beiden Kläger nicht mehr länger hinnehmen, und so reichten sie 2014 eine Klage dagegen ein.
Nun haben die Richter des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die Ukraine das schwule Paar diskriminiere. Dabei sei die sexuelle Orientierung des Paares die einzige Grundlage für die unterschiedliche Behandlung. Das weit gefasste Ziel der Ukraine, damit die traditionelle Familie schützen zu wollen, dürfe dabei nicht als Grund angebracht werden, um eine Gleichberechtigung zu verweigern, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung weiter.
Da die Ukraine die Europäische Menschenrechtskonvention ebenfalls unterzeichnet hat, müsste das Land nun ihre gesetzlichen Grundlagen entsprechend anpassen. Mit der Klage hat das gleichgeschlechtliche Paar nämlich aufgezeigt, dass die Ukraine gegen den Arikel für das Recht auf Privat- und Familienleben verstosse, ebenso wie gegen den Anti-Diskriminierungsartikel. Die Richter in Strassburg haben die Ukraine daher zu einer Zahlung von 5'000 Euro, rund 4'870 Schweizer Franken, an das schwule Paar verurteilt.
Dieses Urteil ist seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine umso wichtiger, denn die LGBTI+ Community hat derzeit keinerlei Möglichkeiten, um Beziehungen rechtlich abzusichern. Dies führt etwa dazu, dass Partner:innen bei Verletzungen oder sogar beim Tod keinerlei Entscheidungsgrundlagen über ihre Liebsten haben, da diese nur rechtmässigen Familienangehörigen zustehen. Sei es um medizinische Entscheidungen zu treffen, Krankenhausbesuche zu machen oder im schlimmsten Fall eine Beerdigung zu organisieren.
Laut einer aktuellen Umfrage des Nationalen Demokratischen Instituts und des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie befürwortet derzeit eine Mehrheit der Bevölkerung in der Ukraine ein Partnerschaftsgesetz, nämlich rund 56 Prozent. Nur gerade 24 Prozent sprachen sich dagegen aus. Diese Zustimmung ist seit Ausbruch des Krieges sprunghaft angestiegen.
Im Parlament liegt bereits eine Vorstoss vor, welcher die rechtliche Anerkennung von queeren Paaren erreichen möchte. Auch Präsident Wolodymyr Zelenskij unterstützt dieses Anliegen, doch er erklärte auch, dass das Gesetz es verbiete, eine Verfassung in Zeiten des Krieges zu verändern. Gegen dieses Anliegen stellen sich neben den konservativen Kräfte des Landes auch die ukrainisch-orthodoxe Kirche.