HINTERGRUND: Das erste LGBTI+ Magazin in Westafrika wurde lanciert
Während sich die Ansichten gegenüber queeren Menschen insbesondere bei den Jungen zu verändern beginnen, so begegnet die LGBTI+ Community trotzdem in den meisten Ländern Afrikas noch immer massiven Diskriminierungen, Hass und oftmals gar blanke Gewalt. In diesem Umfeld für die eigenen Rechte einzustehen ist enorm schwierig und manche Länder versuchen LGBTI+ mit immer neuen Gesetzen noch weiter an den Rand zu drängen. So gibt es bereits Staaten, welche es beispielsweise verbieten, sich in LGBTI+ Organisationen zu engagieren.
Trotzdem gibt es immer wieder engagierte Queer Aktivist:innen, welche sich dadurch nicht entmutigen lassen und sich mit viel Durchhaltewillen für ihre Community einsetzen um so Schritt für Schritt Erfolge zu erzielen. Einer dieser Aktivisten ist Emmanuel Niamien mit seinem Team aus Côte d’Ivoire. Das Land zählt dabei zu den wenigen in der Region, welche Homosexualität nicht kriminalisieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass queere Menschen nicht trotzdem mit Diskriminierung, Vorurteilen, Ausgrenzung und gar Verfolgung konfrontiert sind. Je nach Umfrage sind zwischen 70 bis 83 Prozent aller Queers in Abudjan, der Hauptstadt der Côte d’Ivoire, Opfer von LGBTI+ Feindlichkeiten wie Morddrohungen, Vergewaltigung oder Belästigungen.
Wie aktuelle Zahlen zeigen, wirkt sich dies auch massiv auf den Alltag von queeren Menschen aus. So beträgt die Arbeitslosenquote bei Mitgliedern der LGBTI+ Community in Côte d’Ivoire rund 70 Prozent. Bei der Gesamtbevölkerung im arbeitsfähigen Alter liegt diese Zahl bei 21.3 Prozent. Dies hat gravierende Auswirkungen auf queere Menschen. Ist eine Person finanziell unabhängig, so kann sie auch freier Leben. Arme Menschen sind jedoch beispielsweise gezwungen, bei ihren Familien zu wohnen wo sie meist keine Möglichkeit haben, sich offen auszuleben.
Einen weiteren Rückschlag musste die Community zudem im November 2021 hinnehmen, als der Verfassungsrat entschieden hat, dass die sexuelle Orientierung explizit im Strafgesetz nicht mehr vor Diskriminierung geschützt wird. Mitverantwortlich dafür ist auch die Religion, insbesondere das Christentum. Die Stigmatisierung der LGBTI+ Community wird damit befeuert, die Vorturteile werden bedient und hasserfüllte und mitunter gewalttätige Botschaften werden verbreitet. Sie haben auch dazu beigetragen, dass ein Grossteil der Bevölkerung von Côte d’Ivoire die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität als etwas ansieht, welches vom Westen importiert wurde und nichts mit der "Kultur" des Landes zu tun hat.
Emmanuel Niamien und sein Team haben es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Vorurteile und Stigmatas vorzugehen. Dazu haben sie es sich zum Ziel gesetzt, das erste LGBTI+ Magazin in Westafrika herauszubringen. Doch dies ist einfacher gesagt als getan, selbst wenn die Finanzierung längst steht. Neben Geldmitteln von einzelnen Mitgliedern, auch von Emmanuel Niamien selber, ist die Nichtregierungsorganisation Gromo als Geldgeber eingesprungen. Gromo ist eine der wenigen Organisationen, welche sich in Côte d'Ivoire noch für die Belange und Interessen der LGBTI+ Community einsetzt.
Wenn wir ein Modemagazin publizieren würden, dann hätten wir keine Probleme, erklärt Niamien. Damit spricht er die vielen Stolpersteine und Hindernisse an, welche es bis zur ersten Veröffentlichung von „Meleagbo“ gab. Man habe an jedem Tag Homophobie erlebt, etwa mit Druckereien, welche nichts mit der LGBTI+ Community zu tun haben wollen. Man müsse sich also nach jenen richten, welche überhaupt mit ihnen zusammenarbeiten wollen, so Niamien weiter.
Doch nicht nur der Druck bereitete den Herausgebern Kopfzerbrechen, sondern auch der Inhalt. 40 Seiten umfasst das Magazin und diese zu füllen war eine weitere schwierige Aufgabe. Ideen habe man zwar viele gehabt, doch aufgrund des LGBTI+ feindlichen Umfelds im Land war es nicht einfach Personen zu finden, welche ihre Geschichte erzählen, und welche bereit waren, sich auch noch mit einem Foto zu zeigen. Die Angst vor Repressionen, vor Hass, Gewalt und Ausgrenzung sind enorm.
Schlussendlich hat es geklappt: Auf dem zweitägigen Awawale-Festival, welches die Queer Community Mitte Mai zum bereits dritten Mal in Abidjan organisierten, wurde die Ausgabe 0 von „Meleagbo“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Es soll helfen, die Sichtbarkeit der Queer Community in der Bevölkerung zu stärken. Weiter wollen Emmanuel Niamien und sein Team mit dem Magazin auch LGBTI+ unterstützen. So gibt es extra Seiten, auf welcher Jobangebote und queerfreundliche Firmen aufgelistet sind. Damit soll der extrem hohe Arbeitslosigkeit innerhalb der Community entgegengetreten werden.
Mit "Meleagbo" wollen LGBTI+ ihre Geschichte selber schreiben und damit auch selber definieren, wie ihre Anliegen und queeres Leben in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Es sind genau diese Themen, welche von den bestehenden Magazine nicht beachtet werden, oder falls doch, dann mit Vorurteilen verzerrt dargestellt werden. Damit unterstreichen die Macher:innen von "Meleagbo", weshalb es genau diese Zeitschrift so dringend braucht in Westafrika.