HINTERGRUND: Das Zurich Film Festival und die Vorbereitungen für die Ausgabe 2023

HINTERGRUND: Das Zurich Film Festival und die Vorbereitungen für die Ausgabe 2023
Ende September wird in Zürich wieder der grüne Teppich ausgerollt und die Limmatstadt ergreift das Filmfieber. Die Vorbereitungen für das Zurich Film Festival laufen auf Hochtouren und es werden auch in diesem Jahr wieder viele queere Filme am Start sein. gay.ch hat beim ZFF nachgefragt, wie die Filme für das Programm ausgesucht werden, wie man die grossen Stars nach Zürich holt, aber auch über die Partnerschaft mit Läderach ab diesem Jahr. Zudem verrät uns das ZFF bereits einen ersten LGBTI+ Film, der es ins Programm geschafft hat.

Im vergangenen Jahr wurde das Zurich Film Festival volljährig, und nun dauert es noch rund anderthalb Monate bis das Programm für die 19. Ausgabe bekanntgegeben wird. Eines ist schon jetzt sicher, auch in diesem Jahr werden wieder zahlreiche queere Filme zu sehen sein, viele als Premiere und auch persönlich vorgestellt von den Filmemacher:innen und Schauspieler:innen.

Diversität, gesellschaftliche Relevanz und Inklusion waren dem Zürcher Filmfestival schon immer wichtig. Gerade für LGBTI+ Filme lässt sich das ZFF dabei auch von den grossen queeren Festivals wie dem Frameline Film Festival in San Francisco und dem Outfest in Los Angeles inspirieren. So wurden im vergangenen Jahr beispielsweise der Feel-Good-Movie Bros und Close von Lukas Dhont als grosse Gala-Premieren gezeigt, und es liefen Filme wie Joyland, Something You Said Last Night oder Eismayer im Wettbewerb mit.

Im Interview mit gay.ch erzählt Simon Keller, neuer Public Relations Manager beim ZFF, wie Filme ausgesucht werden, welchen Fokus das Festival bei den Gästen legt, aber auch über die neue Partnerschaft mit Läderach und die Vorbereitungen für das Festival 2023. Dabei verrät er uns auch einen ersten queeren Film, der es bereits ins diesjährige Programm geschafft hat.

Das ZFF setzt bei der Auswahl der Filme jeweils auch stark auf Inklusion und Diversität. So wurden schon mehrfach LGBTI+ Filmemacher:innen, sowie berühmte Allys, aber auch queere Filme ausgezeichnet: Wie werdet ihr auf LGBTI+ Filme aufmerksam und nach welchen Kriterien sucht ihr diese aus?
Simon Keller: Filme kommen auf zwei Wegen zu uns. Einerseits über eine Einreichungsplattform, wodurch uns jedes Jahr zahlreiche LGBTI+ Filme zugeschickt und anschliessend von unserem Programm-Team ausgewählt werden. Andererseits durchforsten wir Festival-Lineups und suchen dort nach passenden Filmen. Unter anderem beim Frameline Film Festival oder dem Outfest Los Angeles. Jeder Film muss einen inhaltlichen und formalen Qualitätsstandard sowie eine gesellschaftliche Relevanz aufweisen, um von uns eingeladen zu werden. Unser Ziel ist es, ein möglichst breites Spektrum an Themen abzudecken.

Im vergangenen Jahr wurde Call Me By Your Name-Regisseur Luca Guadagnino ausgezeichnet, im Jahr zuvor besuchte HIV/Aids-Aktivistin und Queer Ally Sharon Stone das Festival, aber auch Kristen Stewart, Cate Blanchette, Rebel Wilson, Jake Gyllenhaal, Judi Dench waren schon zu Gast in Zürich. Wie schafft ihr es an solch grosse Namen zu kommen?
Unser Hauptfokus liegt bei der Nachwuchsförderung. So waren bereits Stars wie Eddie Redmayne vor 15 Jahren zum ersten Mal zu Gast am ZFF – noch bevor er zum Publikumsliebling heranwuchs. Letztes Jahr kehrte er als Oscarpreisträger ans ZFF zurück, und erhielt ein "Goldenes Auge". In seiner Dankesrede betonte er, dass es für ihn sehr emotional sei, zurück in Zürich zu sein. Das ZFF sei das erste Filmfestival gewesen, an das er je eingeladen wurde. Zusätzlich spielt unser weitreichendes Netzwerk, welches wir uns über die Jahre aufgebaut haben, eine zentrale Rolle. Auf dieses sind wir ausnehmend stolz und auch darauf bedacht, es gut zu pflegen. Unser Artistic Director, Christian Jungen, war erst gerade vor ein paar Wochen wieder in L.A. und später in London, um sich mit verschiedenen Persönlichkeiten aus der Filmbranche auszutauschen.

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Mit Läderach hat das ZFF einen neuen Partner mit an Bord: Die Vergangenheit des Unternehmens ist gerade im Zusammenhang mit queeren Menschen doch sehr belastet und für viele LGBTI+ ist das Unternehmen nach wie vor ein rotes Tuch. Was entgegnet ihr diesen Stimmen? 



Das Unternehmen hat in der jüngeren Vergangenheit einen grossen Wandel erlebt. Nach einem kompletten Generationswechsel vor zwei Jahren ist nun eine neue Unternehmergeneration in der Verantwortung, die sich mit ihrer Unternehmens-Charta klar für Toleranz und Diversität ausspricht – wie auch das Zurich Film Festival. Sehr zur Zufriedenheit der diversen Läderach-Belegschaft. Das hat uns überzeugt. Läderach ist für uns als Premium-Hersteller ein idealer Schoggi-Partner, der stark im Kinobereich engagiert ist, u.a. erfreut sich das Schoggi-Popcorn in den Pathé-Kinos grosser Beliebtheit.

Kam es bezüglich dieser Vergangenheit auch bei euch intern zu Diskussionen oder war für euch von vornherein klar „Das machen wir"? Und welches waren schlussendlich die Argumente, welche euch überzeugt haben, eine Partnerschaft mit Läderach einzugehen?
Die Vorbehalte bezüglich Läderach wurden in den vorhergehenden Verhandlungen ausführlich diskutiert. Wir haben die Partnerschaft genau geprüft und die heiklen Themen auch persönlich mit dem Läderach-CEO angesprochen und gechallenged. Aus diesen Gesprächen ergab sich für uns, dass die heutige Läderach-Generation die Vergangenheit ehrlich und transparent aufgearbeitet hat. Sie steht dazu, dass in der Vergangenheit Fehler passiert sind, sie thematisiert diese und differenziert sie klar. Gerade diese Offenheit, kontroverse Themen auch anzugehen, hat uns beeindruckt. Diese Haltung schafft unserer Ansicht nach auch Vertrauen für die Partnerschaft, über die wir uns freuen.

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Für Partnerschaften, so denke ich, gibt es klare Verträge mit dem ZFF: Sind darin auch Werte rund um soziale Verantwortung, Gleichstellung, Diversität/ Inklusion oder gerade aufgrund der Vergangenheit von Läderach auch bezüglich der Rechte der LGBTI+ Community oder von Frauen enthalten?
Wir machen uns im Vorfeld ein differenziertes Bild unserer Partner und bauen während der Zusammenarbeit auf das oben erwähnte Vertrauen, auf Offenheit und Transparenz – auch bei heiklen Themen. Wir glauben, dass wir in dieser Form zusammen mehr erreichen können. Standardmässig sind in den Verträgen mit unseren Partner keine sozialen Werte festgehalten.

Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick auf die bevorstehende Ausgabe 2023: Dürft ihr uns gerade auch in Bezug auf queere Filme schon etwas verraten?
Zurzeit befinden wir uns noch mitten in der Filmauswahl. Auch dieses Jahr gibt es wieder wahnsinnig viele LGBTI+ Filme und wir freuen uns darauf, eine grosse Anzahl davon zu zeigen. Ich kann hier einen kleinen Vorgeschmack auf unsere Programmreihe 'Neue Welt Sicht' geben. Dieses Jahr ist die Republik Korea unser Gastland und wir zeigen unter anderem das Erstlingswerk von Sungbin Byun "Peafowl". Darin wird die bewegende Geschichte der trans Frau Myung, die mit den Wertvorstellungen ihrer traditionellen Familie zu kämpfen hat, erzählt. Wir freuen uns diesen und etwa 140 weitere, mitreissende Filme im Herbst in Zürich zeigen zu können. Man darf auf die Programmveröffentlichung am 14. September gespannt sein.

Herzlichen Dank für das Interview.

Das Zurich Film Festival findet in diesem Jahr vom 28. September bis zum 8. Oktober 2023 statt. Das Programm wird am 14. September veröffentlicht.

Bilder:© Zurich Film Festival