HINTERGRUND: Der Kulturkampf der Konservativen kostet die US-Schulen Milliarden
Was die Republikaner losgetreten haben, hat eine wahre Lawine an zusätzlichen Kosten für öffentliche Schulen ausgelöst. So berichten etwa Schulleiter davon, dass die Treffen des Schulvorstands zuvor friedlich und gesittet abliefen, doch seit Konservative Sitze gewonnen haben, sei es immer wieder zu harten Auseinandersetzungen gekommen. Immer sei auf die Rechte der Eltern gepocht worden, es habe persönliche Angriffe gegeben und es seien Gruppierungen hinzugezogen worden, welche im Internet nachweislich falsche Informationen verbreitet haben. Dabei haben sich die Sitzungen immer nur um die gleichen Themen gedreht, nämlich um queere Identitäten und um Ethnien in Bezug auf die sogenannte "Critical Race Theory".
Diese Politik fordert ihren Tribut, wie ein neuer Bericht der American University, der University of California, Los Angeles, der University of California, Riverside, sowie der University of Texas in Austin nun aufzeigt. Mitarbeitende an Schulen haben dem Druck und den Anfeindungen der Konservativen nicht mehr standgehalten und haben massenhaft gekündigt. Zehn Prozent der befragten Schulleiter:innen berichteten von massiven Bedrohungen und gar elf Prozent erlebten Vandalismus an ihrem Eigentum zuhause. Insbesondere in den Sozialen Medien, aber auch direkt via Telefon oder vor Ort während öffentlichen Treffen oder in den Schulen, die Anfeindungen gegenüber den Schulleiter:innen und den Mitarbeitenden seien enorm.
Konservative hätten sich aber auch als Freiwillige in den Bibliotheken gemeldet um Bücher zu durchforsten und um aus ihrer Ansicht nach unangemessene Inhalte von Büchern zu melden, welche dann durch die Vielzahl von Bücherverboten aus den Bibliotheken entfernt wurden. Andere wiederum hätten diese Inhalte bei öffentlichen Treffen der Schulbehörden, völlig aus dem Zusammenhang gerissen, vorgelesen und dabei die Stimmung weiter aufgeheizt.
Für ihre Studie haben die Autor:innen insgesamt 467 Schulleiter:innen von öffentlichen Schulen in 46 Bundesstaaten nach den Konsequenzen und insbesondere auch nach den finanziellen Kosten befragt, welche dieser "Kulturkampf" bei ihnen verursacht hat. Und das Resultat war mehr als erschreckend und machte deutlich, auf wie vielen Ebenen plötzlich Mehrkosten und ein grösserer Personalaufwand auf die einzelnen Schulen zukam.
Durch die Vielzahl an Kündigungen, verursacht insbesondere durch die Anfeindungen und persönlichen Angriffe, mussten die Schulen neue Ressourcen zur Verfügung stellen um einerseits kurzfristig Ersatz zu finden, aber auch um neues Personal für Festanstellungen rekrutieren zu können. Durch die massiven Bedrohungen gegen Mitarbeitende und sogar gegen Schüler:innen sahen sich viele Schulbezirke zudem gezwungen, sogar Metalldetektoren für ihre Gebäude zu beschaffen und Sicherheitspersonal, sowie mehr Schulbetreuer:innen einzustellen. Auch die Ausgaben für Gerichts- und Anwaltskosten bei Rechtsstreitigkeiten stiegen stark an.
Um gegen die fahrlässig gestreuten Fehlinformationen gerade rund um queere Themen vorzugehen, mussten an einzelnen Schulen durch die Angestellten Hunderte von Stunden dafür eingesetzt werden um diese im Internet zu bekämpfen. Neue LGBTI+ feindliche Gesetze wie etwa die Bücherverbote sorgten zudem für ein erhöhtes Medieninteresse, was für die Schulen zu einem zusätzlichen Aufwand wurde, um entsprechende Anfragen von Journalist:innen zu beantworten. Weiter mussten sie auch vermehrt gegenüber der Politik Red und Antwort stehen, etwa wenn es um die Anzahl an queeren Büchern in den Schulbibliotheken oder bei den Lehrmitteln ging. Um solche Fragen zu beantworten, mussten die Mitarbeiten an den Schulen teils massiv Überstunden leisten.
Die Schulbezirke, welche durch die für die Studie verantwortlichen Universitäten befragt wurden, hatten rund 10'000 Schüler:innen im Jahresdurchschnitt. Dabei meldeten selbst jene Leiter:innen von Schulen, welche weniger durch den Kulturkampf betroffen waren, einen durchschnittlichen Mehraufwand von rund 249'765 US-Dollar, dies entspricht rund 216'000 Schweizer Franken. Fast eine halbe Million Dollar an Mehrkosten hatten Schulen mit mittleren Konflikten und bei jenen Schulen, welche sich mit einer hohen Zahl an Konflikten konfrontiert sahen, beliefen sich die durchschnittlichen Mehrkosten gar auf auf 811'805 Dollar, rund 704'000 Schweizer Franken.
Laut Schätzungen der Autor:innen der Studie sahen sich die öffentlichen Schulen in den USA daher mit geschätzen Mehrkosten von rund 3.2 Milliarden US-Dollar konfrontiert - verursacht durch den äusserst gehässig geführten Kulturkampf und alleine im Schuljahr 2023/24. Dies seien Gelder, welche dem Bildungswesen und den Schulen nun fehlen, so die Verantwortlichen der Studie. Dabei unterstreichen sie auch, dass es sich eigentlich um eine sehr kleine, aber äusserst laute Minderheit handelt, welche diese Konflikte suchen und zum Eskalieren bringen.
Eine politische Lösung für diese Problematik sehen die Autor:innen der Studie eher weniger, denn es handle sich viel mehr um ein soziales Problem, welches von der Gesellschaft an sich abgelehnt werden müsse. Würde solches Verhalten von der Gesellschaft strikt zurückgewiesen, dann würde dies dazu führen, dass Meiungsverschiedenheiten wieder auf demokratischen Grundsätzen diskutiert würden. Gegenseitiger Respekt, Argumente, welche auf wissenschaftlichen Fakten basieren, sowie das Ziel, das Wohlergehen und die Würde aller anzuerkennen, würden die Situation zusätzlich beruhigen.
Ähnlich sehen auch die Forderungen der befragten Schulleiter aus: Es müsse mehr dafür getan werden, dass diese Minderheiten, welche den Konflikt mit den Schulen suchen, gar nicht erst die Möglichkeit oder die Macht haben, den Schulbetrieb und die Sitzungen der Schulbehörden zu stören um damit das Augenmerk von den wirklich wichtigen Dingen im Bildungswesen abzulenken.