HINTERGRUND: Weit über 500 Anti-LGBTI+ Gesetze wurden 2023 in den USA vorgestellt - wie gehts weiter?
Es war ein enorm schwieriges Jahr für die LGBTI+ Community in den USA: Die Republikaner haben sich queere Menschen als Ziel für ihren Wahlkampf ausgesucht und alleine im Jahr 2023 mehr als 500 Vorstösse lanciert um die Rechte von LGBTI+ einzuschränken. Im Jahr 2021 waren es noch rund die Hälfte. Dies ging soweit, dass sogar Organisationen erstmals Reisewarnungen für gewissen Bundesstaaten veröffentlicht habe, um queere Tourist:innen zur Vorsicht zu mahnen.
Doch wie erfolgreich waren die Republikaner mit ihrer Taktik: Während eine rekordhohe Anzahl eingereicht wurde, so werden derzeit noch immer zahlreiche dieser Anti-LGBTI+ Gesetze debattiert. Andere wiederum wurden auch bereits durch Gerichte zurückgewiesen respektive aufgehoben. Laut American Civil Liberties Union (ACLU) wurden aber trotzdem geschätzte 16.5 Prozent in Kraft gesetzt. Dies entspricht 84 Gesetzen.
Insgesamt elf Bundesstaaten kennen derzeit sogenannte Don‘t Say Gay-Gesetze. Florida machte damals im Jahr 2022 den Anfang und weitere Bundesstaaten sind seither gefolgt. Dabei geht es um Gesetze, welche es Lehrer:innen an Schulen verbieten Themen rund um die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität anzusprechen. Dies betrifft das Klassenzimmer ebenso wie Bücher in den Bibliotheken. Dies führte auch dazu, dass noch nie so viele Anträge für Verbote von gewissen Büchern eingegangen sind, wie in diesem Jahr. Um sich dem entgegenzusetzen haben progressive Bundesstaaten wie Illinois und Kalifornien ihrerseits bereits Gesetze eingeführt, welche solche Bücherverbote verbieten.
Auch Drag Queens sind ins Visier der Republikaner geraten: Mindestens 16 US-Bundesstaaten haben Verbote von Drag Shows debattiert und sechs haben diese bislang eingeführt. Dass diese Gesetze aber einen äusserst schweren Stand haben, zeigte sich etwa in Tennessee und Texas, wo sich die Gerichte eingeschalten haben und diese für verfassungswidrig erklärten. Auch in Florida erklärte das Oberste Gericht, dass das Verbot nicht umgesetzt werden kann. In North Dakota und Arkansas mussten die Gesetze zudem derart stark abgeschwächt werden, dass sogar die Republikaner keinen Sinn mehr darin sahen und das Anliegen aufgaben.
Besonders häufig richteten sich die Gesetzesentwürfe aber gegen trans Menschen und dabei insbesondere gegen trans Jugendliche. Sei es von Verboten zur Benützung jener Toiletten oder jener Garderoben, welche ihrer Geschlechtsidentität entsprechen, über die Teilnahme an Sportwettkämpfen entsprechend ihrer Identität, bis hin zum Verbot von geschlechtsangleichenden Behandlungen wie etwa mittels Pupertätsblockern und Hormonbehandlungen.
So wurden in insgesamt mehr als 20 US-Bundesstaaten Vorstösse eingereicht, welche geschlechtsangleichende Behandlungen an Jugendlichen verbieten. Dabei spielt es auch keine Rolle, wenn medizinische Fachpersonen solche Behandlungen befürworten und als das Beste für die jeweilige Personen bezeichnen. Dabei können schon blosse Beratungsgespräche als „Behandlung“ angesehen werden und demnach verboten sein. Wie das Williams Institute der University of California in Los Angeles schätzt, leben derzeit rund 105‘000 trans Jugendliche in Bundesstaaten, in welchen sie keine angemessene medizinische Behandlung erhalten. Auch hier gibt es aber Gerichtsurteile, welche diese Verbote aussetzen.
Noch mehr Bundesstaaten haben zudem Einschränkungen für trans Menschen eingeführt, wenn es um Sport geht. So wurden bereits in 23 Bundesstaaten Gesetzgebungen vorgestellt, welche es Personen nicht erlaubt, in jenen Teams am Sport teilzunehmen, welche ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Als Hauptargument wird dabei vorgebracht, dass die Sportwettkämpfe dadurch fair bleiben sollen. All diese Verbote betreffen dabei in erster Linie trans Mädchen und trans Frauen, und nur sehr wenige auch trans Jungen und trans Männer.
In diesem Jahr finden in den USA Wahlen statt, oftmals werden dabei insbesondere von den Republikanern queere Anliegen dazu benutzt um die eigene Wählerbasis an die Urne zu bringen. Ob es daher erneut zu einem Anstieg an LGBTI+ feindlichen Gesetzesvorstössen kommt, ist schwierig zu sagen, heisst es von der American Civil Liberties Union (ACLU). Bis jetzt zählte die Organisation bis Mitte Januar bereits rund 285 Gesetzesentwürfe, welche Ende 2023 für 2024 angekündigt wurden, oder welche in diesem Jahr eingeführt oder weiter debattiert werden.
Es habe sich wie zu einem Wettrennen unter den Republikanern entwickelt, heisst es auch von der University of California. Keiner will als weniger konservativ angesehen werden, oder als weniger aktiv in diesen Belangen, und so versuchen sie sich gegenseitig zu überbieten. Dies führt dazu, dass in manchen Bundesstaaten Politiker:innen dann einfach Vorstösse einreichen und dabei geht es ihnen mehr darum, sich im Gespräch zu halten als tatsächlich ein Interesse zu verfolgen, dass der Vorstoss tatsächlich zum Gesetz wird.