SÜDKOREA: Die Seoul Pride war diesmal mit besonders viel Hoffnung verbunden
Seit seinen Anfängen wird das Seoul Queer Culture Festival von Gegenprotesten begleitet, so auch am vergangenen Wochenende während der bereits 26. Ausgabe. Doch nicht nur übersteigt die Zahl der Teilnehmenden der „Seoul Pride“ die Zahl der Gegendemonstranten jeweils um ein Vielfaches, sondern auch die Protestaktionen der Gegner sind ruhiger geworden. So kam es in der Vergangenheit immer wieder zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen, doch diesmal hielten sie „nur“ Schilder am Rande der Pride-Demonstration hoch.
Das Motto des diesjährigen Seoul Queer Culture Festival unterstrich, dass man niemals aufgeben werde, und war auch mit sehr viel Hoffnung verbunden. Der Grund: Die konservative Regierung von Yoon Suk Yeol wurde nach politisch unruhigen Monaten und dessen Amtsenthebungsverfahren von der Bevölkerung abgewählt und an ihre Stelle wurde mit Lee Jae-myung als Präsident eine liberale Regierung eingesetzt. Obwohl sich Lee bislang nicht zu LGBTI+ Themen geäussert hat, so besteht zumindest die Hoffnung, dass die offen queerfeindliche Rhetorik verschwinden wird.
Auch hoffen die Veranstaltenden, dass sie etwas mehr Rückendeckung für das Seoul Queer Culture Festival erhalten. In den vergangenen Jahren wurden ihnen von den Stadtbehörden immer wieder Steine in den Weg gelegt, etwa indem der Platz vor dem Rathaus am Tag der Pride plötzlich einem neuen, christlichen Konzert zur Verfügung gestellt wurde, oder die Behörden kurzerhand während dem gesamten Sommer eine Openair-Bibliothek einrichteten, nur damit die Pride nicht wie in früheren Jahren auf dem Platz stattfinden kann.
Dass die Seoul Pride beliebt ist, zeigt die Zahl der Teilnehmenden. Laut Angaben der Veranstaltenden nahmen geschätzte 30‘000 Personen an der Demonstration teil, trotz der drohenden gesellschaftlichen Ausgrenzung. Laut Polizei sollen es 7‘000 gewesen sein. Welche Zahl stimmt, ist unklar. Im vergangenen Jahr waren es jedenfalls rund 150'000, welche auch aufgrund der vielen Rückschläge für queere Menschen auf die Strasse gingen.
Die LGBTI+ Community hofft, dass auch die Rechte queerer Menschen durch den Regierungswechsel endlich in den Fokus genommen werden. So haben gleichgeschlechtliche Paare in Südkorea keine Möglichkeit auf Anerkennung, und auch sonst gibt es praktisch keine Rechte explizit für LGBTI+. Im benachbarten Japan etwa sind die Debatten um die Ehe bereits weiter fortgeschritten, und Taiwan hat die Ehe für alle bereits vor Jahren eingeführt.