TÜRKEI: Tausende nehmen an der Istanbul Pride teil - 89 Verhaftungen
Während noch vor 2015 jeweils Zehntausende von LGBTI+ und ihre Allys friedlich ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen durften und die Pride feierten, so wurde der Anlass in den Jahren danach stets verboten - so auch in diesem Jahr. Obwohl die Teilnehmenden sich durchaus bewusst sind, dass sie verhaftet werden könnten, so gingen sie im Stadtviertel Şişli trotzdem auf die Strasse um für die Rechte queerer Menschen zu demonstrieren.
Bereits im Vorfeld sperrte die Polizei den Taksim Platz ab, wo die Pride normalerweise stattfindet. Die Teilnehmenden wichen daher auf andere Orte aus. So hängten sie im Mıstık Park in Nişantaşı eine riesige Regenbogenfahne an einem Gebäude auf, welche über mehrere Stockwerke hing und damit weit herum sichtbar war. Im Park wurden zudem auch Reden gehalten um die grundlegenden Menschenrechte für queere Menschen einzufordern. Viele verurteilten dabei auch die äusserst LGBTI+ feindliche Rhetorik von Präsident Erdogan.
Die Polizei hat während der Istanbul Pride nach derzeitigen Erkenntnissen rund 89 Personen festgenommen. Dies teilten die Veranstaltenden mit. Sie forderten zudem eine Untersuchung, da es erneut zu Polizeigewalt und Folter gekommen sein soll. Amnesty International hat sich ebenfalls eingeschaltet und das Verhalten der Sicherheitskräfte scharf verurteilt.
Zwischen 2003 und 2015 konnte die Pride jeweils friedlich stattfinden und zog jährlich Zehntausende von LGBTI+ und ihre Allys an. In den vergangenen Jahren wurde es aber immer schwieriger. Die Polizei griff oft zu äusserster Gewalt und ging mit Tränengas, Gummischrot und Schlagstöcken gegen die Demonstrierenden vor. Die Situation hat sich Jahr für Jahr verschlechtert und im vergangenen Jahr wurden sogar 373 Personen im Zusammenhang mit der Pride verhaftet.
Auch in diesem Jahr hat der Gouverneur damit gedroht, dass alle, welche sich gegen die traditionellen Familienwerte stellen, nicht geduldet werden. Mittlerweile wurden zudem sogar kulturelle Anlässe wie Filmvorführungen oder Picknicks, welche während den Istanbul Pride Weeks hätten stattfinden sollen, verboten.
Die Pride-Teilnehmenden feierten die diesjährige Istanbul Pride aber auch als Erfolg, da es ihnen gelungen ist zu Tausenden durch die Strassen zu marschieren und so auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Obwohl die Polizei Strassen gesperrt hat, fanden sie einen Weg um diese zu umgehen. Damit ist es den Sicherheitskräften nicht gelungen, wie in den vergangenen Jahren, den Anlass bereits im Keim zu ersticken. Trotz der Verbote, der Krimininalisierung, des Drucks und der Unterdrückung werde man nicht aufgeben und weiter für die Leben von allen Menschen und für die Demokratie kämpfen, so die Veranstaltenden.
Neben Istanbul zeigen sich auch andere Organisationen kämpferisch: So sollen unter anderem auch Prides in Ankara, Mersin und Adana stattfinden.