JAPANs Verfassung ist unter Druck
Am 3. Mai 1947 hat Japan seine Verfassung eingeführt, und somit feiert sie nun ihren bereits 78. Geburtstag. Bis heute blieb das Schriftstück unangetastet und jeder Satz und jedes Wort ist noch genau so festgeschrieben, wie damals, als sie in Kraft getreten ist. Der gesellschaftliche Wandel wird aber immer mehr zu einer Herausforderung für die japanische Verfassung, und so steigt auch der Druck, dass endlich Anpassungen vorgenommen werden um auch die tatsächlichen Lebensrealitäten abzubilden.
Dieser Druck kommt nun vermehrt auch von den Gerichten des Landes, denn es dürfte bald eine Entscheidung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare vor dem Obersten Gericht des Landes anstehen. Bislang haben LGBTI+ Paare nämlich keine Möglichkeiten, auf nationaler Ebene ihre Beziehung rechtlich abzusichern und auf politischem Weg passiert geht es diesbezüglich auch praktisch nicht vorwärts.
Doch nun kommt Bewegung in die Angelegenheit: Seit 2021 das Amtsgericht von Sapporo als erstes im ganzen Land das Verbot der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare als Diskriminierung ohne rationale Grundlage bezeichnet hat, haben nicht weniger als fünf Obergerichte, nämlich in Sapporo, Tokio, Fukuoka, Nagoya und in Osaka, alleine im vergangenen Jahr geurteilt, dass das Vorenthalten der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verfassungswidrig ist.
So wird in der Verfassung im Artikel 24 die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau festgeschrieben. Die Obergerichte, wie zuvor auch bereits untere Instanzen, urteilten nun aber, dass damit der Gleichstellungsgrundsatz verletzt wird, der in Artikel 14 verankert ist. Dieser besagt, dass jegliche Diskriminierungen aufgrund der Ethnie, der Religion, des sozialen Status und der familiären Herkunft verboten sind.
Der Druck auf das Oberste Gericht Japans und damit auch auf die Politik und die Verfassung des Landes in Bezug auf die Ehe für alle steigt. Dass auch die Bevölkerung dieses Anliegen durchaus unterstützen würde, zeigen Zahlen der Organisation Marriage For All Japan. Bis im April haben nämlich in ganz Japan bereits 524 Gemeinden ein Partnerschaftsgesetz eingeführt, welches gleichgeschlechtlichen Paaren zumindest auf lokaler Ebene gewisse Rechte zuspricht. Auf Einwohner übertragen leben nun bereits 92 Prozent der Japaner:innen in einer Gemeinde, welche diese Form der rechtlichen Anerkennung für LGBTI+ Paare anbietet.
Japan ist das letzte Land der grossen G7-Staaten, welches den gleichgeschlechtlichen Paaren auf nationaler Ebene weder die Ehe noch ein Partnerschaftsgesetz erlaubt.