KATAR: Flight Attendant wegen getönter Feuchtigkeitscreme des Landes verwiesen
Die Kritik gegen Katar und die FIFA wegen groben Menschenrechtsverletzungen waren im Vorfeld der Fussball-Weltmeisterschaften enorm. Um Schadensbegrenzung zu betreiben liessen sich die Machthaber in Katar zu vollmundigen versprechen hinreisen, wonach jeder im Land willkommen sei. Davon scheint nicht mehr viel zu spüren zu sein. Während viele Menschenrechtsverletzungen in Katar im verborgenen geschehen ging nun mit Gilbert I. ein Mann an die Öffentlichkeit um von seinen Erfahrungen in der Hauptstadt Doha zu erzählen.
Der aus Indonesien stammende Mann war bei Qatar Airways als Flight Attendant angestellt. Zusammen mit Freunden feierte er im Mai seinen 32. Geburtstag im Hotel Mondrian in Doha. Als sie in ein weiteres Hotel gehen wollten um dort weiter zu feiern, wurden sie von einem Wachmann angesprochen, dass die Kriminalpolizei sie sprechen wolle. Gilbert wurde darauf mit seinen Freunden in einen separaten Raum des Hotels geführt, wo zwei Beamte auf sie warteten.
Ungefragt wurde ihnen mit Feuchttüchern das Gesicht gewaschen, und obwohl sich die Opfer verbal wehrten, wurden sie einfach ignoriert. Wie Gilbert weiter ausführt, haben sie so gesehen, dass er und einer seiner Freunde getönte Gesichtscreme verwendet haben. Darauf verlangten die beiden Beamten die Ausweise und Handys, und brachten Gilbert und seinen Freund auf den Polizeiposten für weitere Verhöre.
Bis weit in die Nacht hinein wurden sie darauf verhört, und es kam auch zu Misshandlungen und Demütigungen. So sei er direkt gefragt worden, wie viel er pro Nacht verdiene und weitere derart anzüglichen Bemerkungen, welche eindeutig zeigten, dass sie ihn für einen Sexarbeiter hielten. Dies alles nur wegen der Gesichtcreme, der Hermes-Tasche und wegen dem Gürtel, ist Gilbert überzeugt. Als er diese Anschuldigungen vehement bestritt und erklärte, dass er Flight Attendant sei und sich nicht prostituiere, habe er eine Ohrfeige erhalten, so Gilbert.
Die Beamten durchsuchten zudem auch sein Telefon und fanden ein Obenohne-Foto von ihm an der Bangkok Pride. Dies nutzten sie erneut als Beweis, und zwar nicht nur für seine Homosexualität, sondern auch als Zeichen für Sexarbeit. Er habe mehrfalls gefordert, dass er mit der Botschaft sprechen dürfe, doch die Antwort sei einzig gewesen: Du hast keine Rechte hier, das ist Katar, erklärte Gilbert weiter.
Erst als sie ein Formular in arabischer Sprache unterzeichnet haben, ohne es zu verstehen, sich fotografieren liessen und ihre Fingerabdrücke abgaben, seien sie nach Hause gebracht worden. Doch ihr Märtyrium war damit noch nicht beendet, denn sie wurden unter Hausarrest gesetzt und ihre Pässe wurden einbehalten. Bereits am nächsten Tag wurde Gilbert von seinem Arbeitgeber Qatar Airways darüber informiert, dass er fristlos gekündigt sei. Wochen später wurde ihnen schliesslich mitgeteilt, dass die Pässe der Polizei übergeben wurden, und sie nun in ihre Heimat abgeschoben werden.
Seit die Fussball-Weltmeisterschaften vorbei seien, habe Katar die Verfolgung von queeren Menschen wieder intensiviert, zeigt sich Gilbert überzeugt. Es sei nun noch schlimmer geworden, denn er habe von vielen ähnlichen Fällen erfahren. Die Polizei würde undercover in Bars, Restaurants, Clubs und Einkaufszentren lauern und sie hätten es vor allem auf Personen aus Schwellenländern wie Thailand, den Philippinen oder eben Indonesien abgesehen.
Gleichgeschlechtliche Aktivitäten können in Katar mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden, wird zudem die Scharia angewandt, kann es sogar die Todesstrafe bedeuten. Prostitution ist ebenfalls mit bis zu zehn Jahren Haft stafbar. In vielen Ländern wird der Vorwurf der Sexarbeit benutzt um vermeintlich queere Menschen zu verfolgen, ebenso wie angeblicher Drogenhandel, unnatürliche Handlungen, die Verletzung der öffentlichen Moral oder Ruhestörung.
Es kam so, wie es Menschenrechtsorganisationen bereits vor den Weltmeisterschaften voraussagten. Der Fussball-Zirkus ist weitergezogen und an der Situation für queere Menschen hat sich in Katar nichts geändert, im Gegenteil, sie hat sich offenbar sogar verschlechtert. Dies war in Katar so, und dürfte sich wohl in wenigen Jahren auch in Saudi Arabien wiederholen. Da sich kein anderes Land beworben hat, wird die Fussball-WM 2030 in Saudi Arabien stattfinden. Ein Land mit einer ähnlichen, wenn nicht gar noch schlechteren Bilanz was die Menschenrechte und die Rechte für LGBTI+ angeht.