HISTORY: Wie steht es heute um den Boykott der Hotels im Besitz von Brunei?
Der kleine Staat Brunei auf der Insel Borneo in Südostasien zählt aufgrund des enormen Ölvorkommens zu den reichsten Ländern der Welt, und dessen Herrscher, Sultan Hassanal Bolkiah, führt das Land mit harter Hand. Die Debatte über ein neues Gesetz mit einer äusserst strengen Auslegung der Scharia, was für queere Menschen bis hin zur Todesstrafe bedeuten kann, sorgte damals im Jahr 2014 international für Schlagzeilen.
Aufgrund dieser Debatte begannen damals namhafte Firmen und Prominente wie Ellen DeGeneres und Jay Leno damit, zum Boykott gegen den Sultan aufzurufen, und dies vor allem über die Hotels der Dorchester Collection, darunter das renommierte Beverly Hills Hotel in Los Angeles. In der Folge wurden Events alleine im Beverly Hills Hotel mit einem Wert von über 2 Millionen US-Dollar abgesagt.
Als die Einführung dieser Gesetze schliesslich im Frühling 2019 konkret wurde, schlossen sich weitere Prominente öffentlich diesem Protest an: George Clooney etwa ging in der Talkshow von Ellen DeGeneres vorbei um für die Aktion zu werben: Man müsse ganz klar sehen, dass jedes Mal, wenn man in einem dieser neun Hotels übernachte, wenn man dort Meetings organisiere oder Nachtessen gehe, dann gebe man Geld direkt in die Taschen von Männern, welche entschieden haben, dass sie die eigenen Bürger zu Tode steinigen oder auspeitschen lassen, wenn sie beschuldigt werden homosexuell zu sein oder Ehebruch begangen zu haben, erklärte er damals.
James Duke Mason, LGBTI+ Aktivist und ehemaliger Beamter in West Hollywood, war einer der Anführer des Boykotts von damals und nun blickt er darauf zurück und untersuchte unter anderem für die New York Times, was aus dieser Aktion geworden ist, und ob damit etwas bewirkt werden konnte. Der Boykott damals war, wenn man die Reichweite und den wirtschaftlichen Schaden betrachtet, ein grosser Erfolg. Die Reputation von Brunei und des Sultans hat massiv gelitten, und der Umsatz sank um einige hundert Millionen. Doch wie sieht es heute aus?
Laut der New York Times ist leider nicht viel vom damaligen Vorhaben übrig geblieben. Einige Prominente, die es eigentlich besser wissen sollten, sind wieder ins Beverly Hills Hotel zurückgekehrt. Offenbar auch solche Celebrities, welche in der Vergangenheit des öfteren ihren Einfluss und ihre Plattformen für soziale, gesellschaftliche oder politische Angelegenheiten benutzt haben.
So etwa Caitlyn Jenner, als trans Frau selber Mitglied der LGBTI+ Community, welche sich vor nicht allzu langer Zeit lauthals darüber beschwerte, dass sie keinen Zutritt zum Polo Club des Beverly Hills Hotel erhielt, da ihre Kleidung nicht dem Dresscode entsprach. Dass sie als queere Person aber vollkommen ahnungslos war, und gar nicht an einem Event dort teilnehmen sollte, zeige, dass gewisse Stars in Hollywood entweder schnell vergessen, oder, dass noch mehr gemacht werde muss, um immer wieder auf den Boykott aufmerksam zu machen, so James Duke Mason.
Andere Prominente distanzierten sich bereits von Anfang an vom Boykott: So etwa Kim Kardashian und Russell Crowe. Sie erklärten zwar, dass sie die Gesetze in Brunei in keinster Weise gutheissen, fügten aber auch hinzu, dass ein solcher Boykott unfair für das hart arbeitende Personal in diesen Hotels sei, welche keinen Einfluss auf die Machenschaften ihrer Besitzer haben.
Beim Beverly Hills Hotel zeigt man sich inzwischen gelassen: Während man sich 2014 noch um Schadensbegrenzung bemühte und sich in politischen Fragen nicht weit genug von den Besitzern in Brunei distanzieren konnte, so bekam die New York Times diesmal auf Anfrage eine schon fast erschreckende Antwort: Welchen Boykott?
Wie James Duke Mason erklärt, sollte der Boykott nochmals verstärkt in der Öffentlichkeit präsent gemacht werden. Es habe sich nämlich nichts geändert, und solange die strenge Auslegung der Scharia in Brunei in Kraft ist, oder die Hotelkette nicht in neue Hände kommt, solle der Boykott gegen die Hotels der Dorchester Collection aufrecht erhalten bleiben.
Etwas hat der weltweite Protest bislang aber trotzdem erreicht: Nur wenige Wochen nach der Einführung der verschärften Gesetze gegen LGBTI+ erklärte der Sultan im Mai 2019 in einer öffentlichen Rede, dass die Todesstrafe doch nicht ausgesprochen werde, auch nicht bei gleichgeschlechtlichen Aktivitäten. Seine Rede wurde damals sogar auf Englisch übersetzt und verbreitet, was normalerweise nicht geschieht. Dies zeigt, dass ihn die harte Kritik und der Boykott aus dem Ausland doch getroffen haben.
Ein Wermutstropfen bleibt aber auch diesbezüglich: Zwar hat der Sultan erklärt, dass es seit Jahrzehnten ein Moratorium für die Todesstrafe gebe, und keine mehr ausgesprochen wurde, doch damit ist die Todesstrafe aber noch nicht vom Tisch, denn ein solches Moratorium kann leicht aufgehoben werden. Zudem ist die Todesstrafe auch ein nützliches Instrument um damit zu drohen - etwa bei Vergehen wie Ehebruch oder gleichgeschlechtlichen Aktivitäten.