HINTERGRUND: Wie viel kosten LGBTI+ Feindlichkeiten ein Land?

HINTERGRUND: Wie viel kosten LGBTI+ Feindlichkeiten ein Land?
Dass drastische Gesetze gegen queere Menschen ein Land durchaus teuer zu stehen kommen, und wirtschaftlich schwerwiegende Konsequenzen haben können, ist bekannt. Eine Studie hat dies nun am Beispiel von Uganda konkret berechnet, und ist auf extrem hohe Kosten gekommen. Dies hängt unter anderem mit Sanktionen, fehlenden Arbeitskräften, aber auch mit höheren Kosten für Polizei und Gerichte für die Durchsetzung zusammen. LGBTI+ Organisationen wollen diesen Bericht nun dazu nutzen um die queerfeindlichen Gesetze zu kippen.

Wenn ein Land neue Gesetze einführt, welche sich gegen LGBTI+ richten, dann treffen diese jeweils nicht nur queere Menschen, sondern es gibt auch mitunter massive Auswirkungen auf die Wirtschaft und schlussendlich auch für die Gesamtbevölkerung. All die verschiedenen Zusammenhänge zwischen queerfeindlichen Gesetzen und den damit verbundenen Kosten für ein Land hat nun die Organisation Open For Business anhand des Beispiels von Uganda untersucht. Dort wurden im Mai 2023 drastische Gesetze gegen LGBTI+ eingeführt und bereits kurz darauf haben die USA, sowie weitere Staaten und Institutionen erste Massnahmen gegen das Land ergriffen.

Bereits kurz nach der Einführung der Gesetze haben die USA und weitere Länder Sanktionen gegen Uganda erlassen, welche stetig weiter verschärft wurden. So wurde die Entwicklungshilfe runtergefahren, gewisse Politiker:innen der ugandischen Regierung erhielten kein Visa und auch die Weltbank gewährte dem Land keine Kredite mehr. Die Beziehungen zu westlichen Staaten sind seither sehr angespannt.

Seit die Gesetze massiv verschärft und auf „schwere Homosexualität“ sogar die Todesstrafe eingeführt wurde, leiden somit nicht nur queere Menschen unter drakonischen Strafen, sondern durch die wirtschaftlichen Einbussen bekommt es auch die gesamte Bevölkerung zu spüren. Die Konsequenzen sind enorm und beziehen sich auf viele öffentliche, Lebens- und Wirtschaftsbereiche, denn es geht um fehlende Direktinvestitionen aus dem Ausland, Einbussen bei Handel und Tourismus, und vieles mehr.

Open For Business, ein Zusammenschluss von verschiedenen Organisationen, welche sich weltweit für eine inklusive Wirtschaft einsetzen, hat errechnet, dass die Anti-LGBTI+ Gesetze Uganda seit der Einführung im Mai 2023 rund 1.6 Milliarden US-Dollar gekostet haben. Dies entspricht rund 1.37 Milliarden Schweizer Franken.

Dabei soll allein rund eine Milliarde Dollar an Geldern fehlen, welche von verschiedenen Gebern normalerweise ins Land fliessen würden. 99 Millionen Dollar sollen entfallen, da Tourist:innen das Land meiden. Die fehlenden Gäste haben indirekt auch weitere Konsequenzen etwa für Hotels und weitere Übernachtungsmöglichkeiten, den Detailhandel, aber auch für das Transportwesen im Land.

Weiter fallen rund 312 Millionen Dollar an Hilfen für HIV/Aids und weitere Projekte im Gesundheitsbereich weg, sowie weitere 75 Millionen Dollar an Direktinvestitionen aus den Ausland. Da die Regierung Biden/Harris Uganda aus einem Handelsabkommen geworfen hat, muss das Land nun Zölle in der Höhe von rund einer halben Million Dollar bezahlen.

Die Sanktionen führten dazu, dass Antiretrovirale Medikamente für HIV-Infizierte mittlerweile knapp geworden sind. Dies verschärft die Gesundheitskrise im Land weiter. Für queere Menschen kommt es aber noch schlimmer: Medizinisches Personal weigert sich sogar LGBTI+ zu behandeln, da sie Repressionen und Konsequenzen durch die Behörden befürchten.

Doch die Konsequenzen ziehen mittel- und längerfristig immer weitere Kreise: So berechnete Open For Business, dass geschätzte 15‘000 queere Menschen wegen den drohenden Strafen aus Uganda geflüchtet sind. In Grossbritannien erklärten bespielsweise 49 Prozent der Geflüchteten aus Uganda, dass sie sich aufgrund der harschen Anti-LGBTI+ Gesetze gezwungen sahen, das Land zu verlassen.

Dieser Fakt dürfte das Land weitere rund 24 Millionen Dollar kosten, da diese Personen als Arbeitskräfte fehlen. Geschätze 58 Millionen Dollar büsst zudem die nationale Produktivität ein, da LGBTI+ stigmatisiert werden und strafrechtliche Verfolgung befürchten müssen.

Da die im Mai eingeführten Gesetze auch tatsächlich durchgesetzt werden, kommt es zu einem Mehraufwand bei der Polizei, welcher finanziert werden muss. Auch die Gerichte werden durch neue Prozesse stärker belastet. Dies berechneten die Autor:innen des Berichts mit zusätzlichen Kosten von einer weiteren halben Million Dollar.

Für Open for Business ist klar: Die Welt ist immer stärker vernetzt und entsprechend treten die einzelnen Länder auch immer stärker in einen Wettbewerb gegeneinander. All jene Länder, welche sich gegen Inklusion und Diversität stemmen, werden früher oder später das Einsehen haben und zurückbleiben. Indem Uganda an seinem Gesetz festhält und sich auch nicht um internationale Bedenken kümmert, wird sich das Land weiter in die wirtschaftliche Isolation manövrieren. Weitere Sanktionen gegen das Land könnten folgen und auch der Tourismus könnte weiter einbrechen.

Die ugandische Regierung sieht sich derweil weiter in der Opferrolle und wirft den USA und den anderen Ländern und Institutionen vor, Uganda westliche Werte aufzuzwingen. Weiter habe es der Westen auf die Kultur des Landes abgesehen. Ein Umdenken hat bislang aber kaum stattgefunden. Für das Uganda Minority Shelters Consortium, eine lokale Organisation, welche queere Menschen unterstützt, ist daher klar, dass die Regierung nun endlich handeln sollte und die umstrittenen Gesetze als Ganzes abschaffen muss. Die Menschenrechtsverletzungen, welche mit diesem Gesetz einher gehen, sind enorm und die wirtschaftlichen Konsequenzen sind viel zu hoch.

Einen ersten, wenn auch schwachen Lichtblick am Horizont gibt es bereits: Obwohl das Oberste Gericht das diskriminierende Gesetz in weiten Teilen für verfassungskonform und rechtens erklärte, so hat Ugandas Menschenrechtskommission die Regierung trotzdem aufgefordert, einvernehmliche, gleichgeschlechtliche Aktivitäten zu legalisieren.